Überwinterung Portugal 2016/17
Inhaltsverzeichnis
Für meine bisher zweite Überwinterungsreise war ursprünglich nochmal Italien geplant. Als aber die anvisierte nette Begleitung doch andere Pläne hatte und sich außerdem die Mobilbewohner aus einer Facebook-Gruppe dort in Portugal zu einem großen Treffen verabredet haben, habe auch ich umdisponiert und mich Anfang November auf den Weg in Richtung der iberischen Halbinsel gemacht.
Mautfrei durch Frankreich zuckeln
Nach einem letzten Stop auf deutschem Boden beim Feizeitcenter Oberrhein habe ich den mautfreien Weg durch Frankreich in Angriff genommen. Besonders gut vorbereitet habe ich mich nicht, der Plan war, einen günstigen Stellplatz in der richtigen Richtung zu suchen und der Navigateuse mit der Einstellung „Mautstraßen vermeiden“ die Wegfindung zu überlassen. Die erste Etappe sollte mich bis Besançon bringen, aber schon 70km vor dem Ziel hatte ich keine Lust mehr und habe mich auf einem Parkplatz an der Departementsstraße häuslich eingerichtet.
Am nächsten Tag ging es weiter Richtung Lyon, aber nicht zum Vogelpark von Villars-les-Dombes, den wohl alle Überwinterer ansteuern, sondern in das kleine Dorf le Plantay. Dort habe ich auch gleich mal einen Tag schöpferische Pause eingelegt. Das Wetter war die ganze Zeit ungemütlich mit Temperaturen um fünf Grad und viel Regen.
Bei deutlich besserem Wetter ging es am nächsten Tag vorbei an Lyon und St. Etienne bis Coubon an der Loire. Hier führt die Nationalstraße N88 durch die oft einsam wirkenden Cevennen.
Die nächste Etappe brachte mich bis Laissac bei Rodez zu einem Stellplatz in der Nähe eines Intermarché-Supermarkts. Hier sah ich auch das erste Mal die Waschmaschinen und Trockner, welche die Kette Intermarché ihren Kunden neuerdings anbietet.
Mit Reisezäpfchens in Albi
Über das Internet hat sich inzwischen ein Treffen mit Dana und Markus Reisezäpfchen ergeben, die gerade auf dem Weg zurück nach Zürs zur Tankstelle waren. Wir einigten uns auf die uralte Stadt Albi, die ich mir sowieso schon immer mal ansehen wollte. Damit war die nächste Etappe auch recht kurz, trotzdem gab es einiges Hin und Her, bis ich den Stellplatz und damit die Beiden auch endlich gefunden hatte.
Am Abend waren wir noch in der Stadt…
…und in einem gemütlichen Lokal. Am nächsten Tag sind Dana und Markus weitergefahren und ich habe mir Albi noch etwas bei Tageslicht angesehen.
Wer von Albi weiter im Westen über die Pyrenäen will, muss an Toulouse vorbei. Das hat auch geschmeidig geklappt auf der mautfreien Stadtautobahn. Aber ab jetzt wurde es anstrengend. Kleinere Straßen und ein Kreisverkehr nach dem anderen sorgten dafür, dass sich 200km über dreieinhalb Stunden hinzogen.Auch die nächste Tagesetappe habe ich vorzeitig auf einem Parkplatz an der Straße beendet.
Hinein nach Spanien
Doch nun war Spanien nicht mehr weit. Bei sonnigem Wetter ging es durch Saint-Jean-Pied-de-Port zum Ibaneta-Pass.
Dort oben auf der Passhöhe, neben der kleinen Kapelle, habe ich mich für die Nacht eingerichtet.
Da ich ja auch in diesen Winter ohne neuen Gastank oder eine Tankflasche aufgebrochen bin, brauche ich eine einheimische Gasflasche, die sich zumindest in Spanien, hoffentlich auch in Portugal umtauschen lässt. Bei manchen spanischen Versorgern, Repsol zum Beispiel, muss man beim Kauf einer Gasflasche eine einheimische Adresse angeben. Um die Hürde zu umschiffen, habe ich einen Campingplatz bei Pamplona angesteuert.
Der hatte auch Gasflaschen zu verkaufen, allerdings von Cepsa und alle spanischen Gasflaschen brauchen ein Ventil, das man draufsetzt und erst dann kommt man an den Inhalt. Dieses Ventil war die nächste Hürde, wobei es zwei Ventile gibt: Eines mit Kipphebelverschluss und eingebautem Druckminderer und eines mit Drehknauf ohne Druckminderer. Der Campingplatzchef verkaufte mir eines mit Druckminderer, ich brauchte aber eines ohne Druckminderer. Mit etwas Hilfe aus den Kommentaren habe ich schließlich am Montag das passende Ventil in einem Campingladen gefunden.
So ausgestattet konnte ich mich aufmachen in die Bardenas Reales, eine Halbwüste in Navarra, etwas südlich der Pyrenäen.
Hier hatte ich bald einen schönen Freistehplatz gefunden…
…und war am nächsten Tag sogar etwas Wandern. Allerdings war das Wetter inzwischen wieder ungemütlich kalt und regnerisch geworden.
Auf der nächsten Etappe um Soria herum war sogar Schnee zu sehen. Diese Etappe brachte mich in das hübsche Städtchen Aranda del Duero mit einem kommunalen Stellplatz.
Weiter ging es am nächsten Tag bis Salamanca. Der dortige Stellplatz neben einer Tankstelle verdient sicher keinen Schönheitspreis, aber es ging mal. Mein ursprünglicher Plan war, auch motiviert durch Schilder, auf denen mein Ziel Portugal schon angeschrieben stand, von hier aus weiter westlich über die Grenze zu fahren. Aber Portugal-Experte Andre meinte, ich würde ab Salamanca in Spanien besser Richtung Süden vorankommen, als durch das bergige portugiesische Hinterland, in dem es zu der Zeit wohl auch gerade geschneit hatte. So bin ich auf der mautfreien Autopista weiter südlich in Richtung Caceres gefahren. Allerdings machte einsetzender Sturm meinem Vorwärtsdrang bald ein Ende. Es wurde schon bei 80 km/h sehr mühsam, die Fuhre in der Spur zu halten und so bin ich auf einen Rastplatz gefahren und habe die Nase in den Wind gedreht.
Elvas, erste Station in Portugal
Am nächsten Tag hatte der Sturm nachgelassen und es konnte weitergehen, jetzt endlich hinein nach Portugal, die Grenzstadt Elvas sollte mein Ziel sein.
Hier steht noch heute die größte zusammenhängende Bollwerksbefestigung der Welt mittels derer sich die Portugiesen den mächtigen Nachbarn im Osten vom Leibe gehalten haben.
Da konnte ich einer ausgiebigen Besichtigung natürlich nicht widerstehen und bin noch einen Tag geblieben.
Arade Stausee. Silves und viele neue Nachbarn
Das Ziel Algarve war jetzt in greifbare Nähe gerückt und nachdem der Fünfzylinder plötzlich auftretende Unpässlichkeiten auch von selbst wieder abgelegt hatte, konnte es losgehen. Durch Evora und dann südlich auf der IC1 bis zum Arade-Stausee.
Hier residierten Andre, Tanja und Klaus schon auf einem inoffiziellen Platz oberhalb des Sees.
Dort begann, was diese Überwinterung sehr von der vorherigen unterscheiden sollte: Ich hatte fast überall Nachbarn, meist waren es Leute, die ich vorher schon virtuell kannte und auch einige ganz neue Bekanntschaften sind dazu gekommen.
Die nächsten Tage habe ich genutzt, um die neuen Nachbarn kennenzulernen, die Gegend etwas zu erkunden und nach fast drei Wochen Anreise auch irgendwie anzukommen. Das Wetter war nur leider noch recht wechselhaft mit Sonne und Regen, aber wenigstens nicht kalt.
Gegen Ende der Woche wurde es Zeit zum Wäschewaschen. Zu diesem Zweck bin ich hinunter ins nahe Silves gefahren, auch weil es dort allein drei Stellplätze mit Waschmöglichkeiten geben sollte. Aber zwei davon waren schon voll, auf dem dritten und neuesten Platz, damals noch ohne Stromsäulen, bin ich gerade noch untergekommen. Meine bisherigen Eindrücke habe ich in einem vorläufigen Fazit zusammengefasst, welches sicher auch unter dem Eindruck des regnerischen Wetters noch nicht in Jubelstimmung ausbrechen wollte. Aber sowas kommt immer mal vor.
Auch hier waren Nachbarn, darunter treue Blogleser und Blogger-Kollege Brenzel, auch bekannt durch seinen Blog Maudolf-on-tour.
Pünktlich zum Wochenstart kam auch die Sonne heraus und ich habe mir das Städtchen Silves angesehen. Dort gibt es steile Gassen in der Altstadt…
…einen Pranger vor dem Rathaus…
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…und die maurische Burg über der Stadt.
Der Abend war dann mild genug, um mit den neuen Nachbarn in einer gemütlichen Runde draußen bis Mitternacht zusammenzusitzen. Weil der Stellplatz damals noch keine Stromanschlüsse hatte, brummten tagsüber ständig irgendwo die Stromgeneratoren. Hätten die Leute das Geld stattdessen in Solar investiert, wären die Batterien, so wie bei mir, in den kommenden Tagen lautlos wieder voll geworden.
An den Strand des Vergessens
Bald erreichte mich eine mit Koordinaten versehene Einladung von Andre zu jenem Platz, der als “Praia do Amnesia“ eine gewisse Bekanntheit erlangen sollte. Vor allem auch, weil ich dort immer wieder vergessen habe, wo ich bin, wie ich da hingekommen bin und wohin ich als nächstes wollte. Hier waren wieder die Nachbarn vom Arade, wie Andre, Tanja und Klaus, aber auch neue Leute wie Doreen und Sven von Kasteninblau.
Doch vor allem konnte ich hier das Meer begrüßen und den Strand, der hier von bizarr erodierten roten Klippen begrenzt wird.
Die nächsten Tage vergingen mit Chillen in der Sonne, (zu) viel Essen und immer mal wieder nachsehen, ob Strand und Meer noch da sind. Die Bilder von den roten Klippen lasse ich einfach mal so wirken.
Sao Bartolomeo de Messines – Arade – Lagos
Hier hätte ich monatelang bleiben können, wie es wohl ein Schotte gemacht hat, der mit seinem Mobil vermutlich noch immer in einer Ecke des Parkplatzes steht. Aber es standen bedeutende Termine ins Haus, wie das Treffen der Facebook-Gruppe „Leben im Wohnmobil“ in Sao Bartolomeo de Messines. Dort kamen zu den bisher gewonnen neunen Bekanntschaften noch weitere hinzu, wie die Tollknäppers mit ihrem riesigen Carls-Aue-Alpha auf Iveco-Basis inklusive Dachterrasse.
Am Abend waren wir noch Essen in der Stadt, doch am nächsten Tag löste sich das Treffen schneller auf, als gedacht, denn hier würde ein Schweinemarkt stattfinden und der Platz sollte bis zum Mittag geräumt sein. Ein Teil der Gesellschaft hat sich zu einem inoffiziellen Platz unterhalb des Arade-Staudamms verzogen, darunter auch ich. Die zwei von Kasteninblau…
…waren auch wieder da und so konnte es wie gehabt weitergehen mit Essen, Reden und Ausruhen von der ganzen Anstrengung.
Pünktlich zu Weihnachten gab es auch den gewünschten Ladebooster zu einem günstigen Preis als Rückläufer von anderen Nachbarn, wo er vermutlich auf Grund der Verkabelung nicht die gewünschte Leistung geliefert hatte. Mir war vor allem auf der Anreise immer wieder aufgefallen, dass die Wohnraumbatterien auch nach einer Strecke von 300km nicht wirklich voll geladen waren. Jemand wie Andre weiß da natürlich Abhilfe.
Noch vor Weihnachten erreichten mich wieder ein paar Koordinaten, diesmal von einem Freistehplatz auf einem Hügel im Binnenland.
Dort oben, zusammen mit den „üblichen Verdächtigen“ habe ich Weihnachten mit Wandern, Chillen und Reden herumgebracht …
…bei bestem Wetter und für die einsame Lage überraschend gutem Internet.
Ein anderer der neu gewonnenen Bekannten wollte noch vor dem Jahreswechsel seinen Geburtstag feiern, diesmal in Lagos auf dem großen Stellplatz am Stadion, also auf zu einem neuen Ort.
Nachdem ich mir von Andre hatte zeigen lassen, wie man eine Gasflasche auch mal selbst befüllen kann wurde es an dem Abend noch ein rauschendes Fest, dessen harter Kern sich am Ende in meiner eckigen Rundsitzgruppe versammelt hat. Das Geburtstagskind und ich hatten denselben Musikgeschmack und so mussten alle anderen Miles Davis und Weather Report aushalten.
Für den Silvesterabend war ich mit Andre, Tanja und einem frisch eingetroffenen Schweizer verabredet. Wir wollten in Lagos sehen, was dort so zum Jahreswechsel abgeht. Das war unter anderem eine Rockband…
…auf dem größten Platz der Stadt und natürlich auch etwas Feuerwerk.
Im neuen Jahr war ich mit einigen der Nachbarn nochmals zur Stadtbesichtigung in Lagos, wo es das grüne Haus…
…und die Skulptur von König Sebastian I. vor dem Rathaus zu sehen gibt.
Ponta de Pieadade – Boca do Rio – Salema
Ganz allein, denn das ist auch mal wieder nicht schlecht, bin ich zur nahen Ponta de Piedade gefahren, einer felsigen Landzunge vor Lagos.
Dort sind die Fotomotive der Algarveküste zu finden mit von den Wellen umtosten Felsen.
Ich wollte an diesem Tag aber noch weiter zu dem Kultstrand der Überwinterer, der Boca do Rio.
Dort war ich natürlich auch nicht allein und habe mit Max und Julia Rumtreiber weitere virtuelle Bekannte live getroffen.
Bei einer Wanderung entdecke ich ganz in der Nähe das kleine Dorf Salema.
Der Platz hier hat auch nach dem Bau eines richtigen Parkplatzes noch seinen Reiz, wobei ich die Situation vorher ja nur aus Blogbeiträgen von Andre kenne. So bin ich noch zwei Tage geblieben und habe die Gegend auf mich wirken lassen.
Ans Ende der Welt bei Sagres
Ziel dieser Exkursion war schließlich Sagres, die kleine Stadt am südwestlichen Ende Europas. Dort gab es auch einen Intermarché mit Entsorgungsstation und Waschmaschinen vor der Tür…
…die ich dort an einem Sonntag zum ersten Mal ausprobiert habe. Zwei Stunden später und 20 Euro ärmer war ich fertig. Billiger ist das auf einem Campingplatz auch nicht, aber es dauert sehr viel länger. So konnte ich mich noch am späten Nachmittag auf den Parkplatz der Fortaleza von Sagres zurückziehen und dort die Wäsche einräumen. Die Fortaleza selbst habe ich mir am nächsten Tag angesehen. Dort soll sich die legendäre Navigatorenschule Heinrichs des Seefahrers befunden haben, wovon heute noch die Windrose erhalten ist.
Ohne am Kap San Vicente gewesen zu sein, der anderen Landzunge an der Bucht von Sagres, wollte ich natürlich auch nicht wieder weg. An diesem Tag war es nur leider sehr stürmisch, was ja so nah am Meer keine große Überraschung ist. So war ich tagsüber da, habe versucht den Sturm auszusitzen…
…bin dann aber doch zurück nach Sagres zur Fortaleza gefahren, was bei einer Entfernung von etwa sechs Kilometern auch kein großes Drama ist.
Doch am nächsten Tag hatte der Wettergott ein Einsehen und so bin ich bei bestem Sonnenschein…
…gleich mal drei Tage dort geblieben und habe eine weitere Fortaleza in der Nähe erkundet.
Irgendwann kam wieder Wind auf. Da wurde es mir doch ungemütlich, gleichzeitig erreichten mich Nachrichten aus zuverlässiger Quelle, dass es weiter im Osten besser sein sollte.
Gruß
Henning