Spanien 2002 – Teil 3
Inhaltsverzeichnis
Sierra Nevada und eine mozarabische Ruine
43. Tag (Mittwoch 9. Oktober)
Auf der Autovia fahre ich bis Granada und dann in die Sierra Nevada. Leider hängen die Berge voller Wolken. Auch am Pico Veleta ist dicke Nebelsuppe. Allerdings ist die Straße oberhalb von etwa 2500 Höhenmetern gesperrt, so dass dies wahrscheinlich nicht mehr die höchste öffentliche Straße Europas ist.
In der Hoffnung auf Wetterbesserung richte ich mich auf dem Campingplatz El Purche für eine Nacht ein. Der Platz liegt in der Nähe der Straße zum Veleta in schätzungsweise 1500m Höhe. Auch deswegen bläst der Wind immer wieder Wolken über den Platz und die Temperaturen nähern sich dem Gefrierpunkt.
44. Tag (Donnerstag 10. Oktober)
In der Nacht regnet es immer wieder und morgens habe ich den Eindruck, das auch einzelne Schneeflocken sich unter den Regen mischen.
Bei diesem Wetter habe ich natürlich wenig Lust, nochmal auf den Berg zu fahren, also geht es zurück nach Granada. Dort suche ich eine bestimmte Landstraße in Richtung Westen. Aber hier hat die Wirklichkeit wieder mal nicht viel mit der Karte gemeinsam und so fahre ich auf der Autovia weiter bis Antequera.
Der Reiseführer erwähnt eine Schlucht, die zwischen Antequera und Alora sein soll und auch auf meiner Karte in der Nähe eines Stausees eingezeichnet ist.
Den Stausee habe ich bald gefunden. Auch dieser „Embalse del Guadalteba/Guadalhorce“ ist anscheinend längst nicht voll.
Aber die schroffe, bewaldete Gebirgslandschaft ringsherum ist sehr schön.
Hinter dem Stausee folge ich einem Hinweis zu einem Baudenkmal namens „Bobastro“. Dies ist die Ruine einer mozarabischen Kirche aus dem 10. Jahrhundert, die sehr versteckt liegt.
Die Mozaraber waren Christen, die auch unter den Mauren ihren Glauben weiter ausüben durften.
Der Kirchenbau ist zum Teil direkt in den Fels gehauen und nur diese Teile sind auch noch erkennbar. Aber immerhin ein maurischer Bogen, ein paar Seitenwände und Reste von Stützpfeilern sind zu erkennen. Die Kirche kann nur einer sehr kleinen Gemeinde Platz geboten haben.
Aus der Abgelegenheit des Bauwerks und einigen Dingen, die ich auf der spanischen Informationstafel mehr geraten als gelesen habe, schließe ich, dass dies wohl eine Zufluchtsstätte der verfolgten Mozaraber gewesen sein muss. Aber vor wem sind sie im 10. Jahrhundert geflohen?
Die Reconquista war damals noch weit von Andalusien entfernt. Vielleicht hatten die Mauren eine fundamentalistische Phase und haben Ungläubige verfolgt. Sowas soll ja hin und wieder vorkommen.
Auch die katholischen Spanier haben Mozaraber vielleicht eher als Ketzer, denn als verlorene Schafe der Mutter Kirche betrachtet.
Das Internet weiß es ganz genau: Dies war die „Hauptstadt“ des Rebellen Omar Ben Hafsun.
Die Schlucht „del Chorro“ entdecke ich jedenfalls kurz hinter dem Abzweig zur Kirchenruine. In schwindelnder Höhe geht eine Eisenbahnbrücke darüber hinweg.
Durch diese Schlucht führt auch der Camino del Rey, ein ziemlich riskanter Wanderweg (Youtube-Video: Camin del Rey 2010 – ACHTUNG: Nichts für schwache Nerven!)
Hinter der Schlucht machen die felsigen Berge mehr und mehr sanften Hügeln Platz und Besiedlung und Landwirtschaft breiten sich aus, pünktlich zur Stellplatzsuche.
Aber ich werde an der Straße von Alora nach Antequera bald fündig.
45. Tag (Freitag 11. Oktober)
Weil ich ja aus Richtung Antequera gekommen bin, fahre ich nochmals nach Alora und finde jetzt auch die Straße nach Carratraca. Dies ist ein alter Kurort in den Bergen. Weiter geht es über das am steilen Berg klebende Setenil in die Sierra de Grazalema. Hier ragen wieder steile, bizarre Felsenberge aus dem Wald.
Ich finde einen Übernachtungsplatz auf einem Parkplatz mit schöner Rundumsicht.
Ronda: Stierkampf, Brücke und die maurische Wasserkunst
46. Tag (Samstag 12. Oktober)
Am Morgen finden sich jede Menge Wanderer an meinem Parkplatz ein, aber ich habe keine Informationen darüber gesehen, wo man hier hinlaufen kann. Außerdem will ich nach Ronda und dort auf einem Campingplatz zuerst ein bisschen Pause machen und dann die Stadt besichtigen.
Bald ist Ronda erreicht und ein Hinweis zum Campingplatz „El Sur“ führt mich durch die Stadt zum Platz, der an der Straße nach Algeciras liegt.
47. Tag (Sonntag 13. Oktober)
Ein fauler Tag auf dem Campingplatz…
48. Tag (Montag 14. Oktober)
Heute steht die Besichtigung von Ronda auf dem Programm. Vom Campingplatz zur Mauer der Altstadt sind es nur etwa 1,5 km. Als erstes zieht es mich zur Neuen Brücke.
Diese überspannt seit dem späten 18. Jahrhundert die Schlucht von Ronda an ihrer tiefsten Stelle. Die Brücke ist 81m hoch und auch heute noch die wichtigste Verbindung zwischen der Altstadt und der nach dem Bau der Brücke entstandenen Neustadt. Im Innenraum der Brücke, der früher als Gefängnis genutzt wurde, ist eine kleine Ausstellung (2€) mit englisch beschrifteten Informationstafeln. Aber natürlich ist das Bauwerk an sich und seine Lage die Hauptattraktion. Die Schlucht verläuft mitten durch die Stadt und ist zwischen 60 und 80 m tief und am oberen Rand etwa 50m breit. Und hierin steckt, wie ein gemauerter Keil, die Brücke mit einem einzigen, aber wohl 60m hohen Bogen, der sich am Grund der Schlucht nochmals auf einen Bogen stützt, unter dem der Rio Guadalevin hindurchfließt. Es gibt noch zwei weitere, wesentlich kleinere Brücken aus maurischer Zeit und aus dem Mittelalter. Diese waren aber bei Hochwasser immer wieder von Einsturz bedroht.
Nicht weit von der Brücke liegt die berühmte Stierkampfarena, die ich nach dem Mittagessen (Pizza) besichtige (4€). Hier wurden die Regeln des Stierkampfes zu Fuß entwickelt. Zuvor wurde der Stier vom Pferd aus angegangen. Die kreisrunde Arena ist von zweistöckigen, überdachten Tribünen mit einfachen Holzbänken umgeben.
Der Preis eines Sitzplatzes richtet sich auch eher danach ob er teuer im Schatten oder billig in der Sonne liegt. Also muss das gebotene Spektakel spätestens zu Ende sein, bevor die Gäste auf den billigen Plätzen durch die wandernde Sonne in den Genuß des unbezahlten Schattens kommen und jene auf den teuren Plätzen in der Sonnenglut vergehen. Sicherlich beginnt schon allein deshalb die Corrida meist erst am späten Nachmittag.
Aber man kann nicht nur den Zuschauerbereich besichtigen. Interessant sind vor allem die Ställe der Stiere, in denen sie auf ihren Auftritt warten. Alle acht Einzelställe öffnen sich zu einem Gang, der direkt in die Arena führt. Die Tür wird von einer Galerie oberhalb der Ställe mit einem Seilzug geöffnet, denn logischerweise will keiner dem hoffentlich ordentlich wütenden Stier in die Quere kommen. Dafür ist ja der Torrero mit seiner Mannschaft da.
Heute, am Montag, sind natürlich alle Kampfstiere noch auf der Weide. Aber in einem weiteren Hof sind ein paar Pferdeställe und hier sind einige Pferde untergebracht.
Unter der Tribüne gibt es dann noch das Stierkampfmuseum mit historischen Zeichnungen, Plakaten und den Gewändern berühmter Torreros. Auch einige Erklärungen zur Geschichte des Stierkampfs sind zu lesen. So war es wohl, zumindest in Ronda, auch der Zweck, das junge Adlige sich im Umgang mit Waffen und Pferden üben sollen, um im Ernstfall ihrem König als Soldaten helfen zu können. Aber die Tradition reicht noch viel weiter zurück.
Was ich von dem einzigen Stierkampf, den ich 1981 in Girona gesehen habe, noch in der Erinnerung geblieben ist, war ein recht einseitiges Gemetzel. Dem Stier standen selten weniger als fünf bis sechs Mann in der Arena gegenüber und der Ausgang der blutigen Angelegenheit war vorhersehbar. Vielleicht läuft auch deshalb der Fußball dem Stierkampf den Rang in der Gunst der Zuschauer ab, denn da ist meistens offen, wer gewinnen wird.
Auf der Brücke aus dem Mittelalter wechsele ich wieder hinüber in die Altstadt und besichtige für 2€ Las Minas, die Wasserversorgung der Stadt, noch aus maurischer Zeit. Hier steigt der Besucher etwa 60m tief auf gar nicht mal engen, aber stellenweise sehr schlecht beleuchteten Treppen auf den Grund der Schlucht. Vorbei geht es dabei an verschiedenen Höhlen und Räumen, die wie der Gang für die Treppen, teilweise natürlich vorhanden waren oder in den Fels geschlagen wurden. Am Ende steht man dann auf einer Plattform direkt über dem Fluß. Heute sieht das Wasser allerdings nicht so aus, dass es den Einwohnern von Ronda als Trinkwasser zu wünschen wäre.
Wieder oben angekommen, bin ich nach ca. 150 Stufen für jeden Weg reichlich außer Atem, aber in einem maurischen Garten kann ich mich ausruhen. Dabei lese ich auch die englischen Informationen über die Wasserversorgung. Demnach wurde das Wasser hier von Sklaven herauf geschafft, eine fürchterliche Knochenarbeit.
Jetzt noch einen Tabacos-Laden mit Briefmarken für die endlich gekauften Postkarten ausfindig machen und dann ist Feierabend. Den Laden habe ich bald gefunden und als auch nach 17 Uhr die Siesta vorbei ist, laufe ich mit Briefmarken zurück zum Campingplatz.
Weiter nach Gibraltar und Tarifa
49. Tag (Dienstag 15. Oktober)
Südwärts geht es durch die Serrania de Ronda. Hier sind die Berge meist grün, aber eher mit Büschen, als mit Bäumen bewachsen. Nach einer Weile biege ich in Richtung Westen in den Park Los Alcornocales ab. Hier führt die kurvige Straße durch Korkeichenwälder, in denen die meisten Bäume mit geschältem Stamm dastehen, so dass darunter das rotbraune Holz zu sehen ist. Am Ausgang des Parks komme ich auf die Nationalstraße von Algeciras nach Jerez de la Frontera und stecke in Richtung Algeciras die meiste Zeit in einer Schlange hinter irgendwelchen LKW’s. Ich will vor Algeciras, noch an der Straße von Ronda her an einer Burg übernachten, also muss ich zunächst fast bis Algeciras und dann ein kurzes Stück zurück in Richtung Ronda. Der gerade Weg wäre aber zu einfach gewesen, deshalb dieser Schlenker.
Die Burg, Castellara de la Fortezza, ist eher ein befestigtes Dorf. Wohl schön gelegen, aber zur Übernachtung eher ungeeignet.
Aber von hier oben hat man eine weite Aussicht. Sogar der Felsen von Gibraltar ist zu sehen.
In der Nähe geht es aber zu einem Campingplatz. Der ist jetzt zwar schon zu, aber an der Zufahrtsstraße finde ich ein ruhiges Plätzchen.
50. Tag (Mittwoch 16. Oktober)
Heute geht es nach Gibraltar. Ich will versuchen, soweit zu fahren, wie es geht, obwohl meine Reiseführer vor der Parkplatzsituation in Gibraltar warnen. Schon in La Linea beginnt der Stau vor der Zollabfertigung. Hier bekomme ich eine Art Carnet de Passage für das Wohnmobil. Das Auto darf in Gibraltar nicht zur Übernachtung verwendet werden, es muss Gibraltar vor Sonnenuntergang wieder verlassen und verkaufen darf ich es dort auch nicht. Mindestens das Letztere hatte ich auch nicht geplant, aber nun ja, es sind eben Briten.
Unmittelbar hinter der Zollabfertigung überquert man die Rollbahn des Flughafens und ist auch schon in der Stadt. Zum Glück fährt man hier nicht links, aber Parkplätze gibt es auch nicht, so dass ich nach einer knappen halben Stunde wieder hinausfahre, um in La Linea zu parken.
Die Briten verlangen ihr Carnet nicht zurück, so hilft es mir mit der darauf eingetragenen Zeit der Einreise, dem spanischen Zöllner glaubhaft zu versichern, dass ich gar nicht die Zeit hatte, irgendwelches Schmuggelgut zu kaufen. So verzichtet er darauf, mein Auto genauer zu untersuchen, was er bei allen Fahrzeugen in der Schlange vor mir getan hat.
Ich parke an der Straße und mache mich zu Fuß nochmal auf den Weg. Nach einem kleinen Tunnel, der die Befestigungen zur Landseite unterquert, bin ich in der Fußgängerzone.
Hier gibt es jede Menge Läden für Kitsch, Klamotten, Elektronisches, Alkohol und Zigaretten und natürlich Restaurants. Heute gibt es Calamares mit Pommes Frites für ca. 11 €. Im Tourist Office ergattere ich einen Stadtplan und will die Sehenswürdigkeiten erlaufen. Das meiste ist oben auf dem Felsen. Hier gibt es auch eine Seilbahn, aber die scheint außer Betrieb zu sein. So nehme ich das Angebot der zahlreichen Taxis zu einer Sightseeing-Tour an. Die Taxis sind meist siebensitzige japanische Minivans. Als die ausreichende Anzahl Leute den Werbungen von Sandra, unserer späteren Fahrerin und ihrem Kollegen nachgegeben haben, kann es losgehen.
Sandra prescht, immerfort redend, die schmalen Straßen hinauf. Und da auch sie mit den Händen redet, obwohl nur ich auf dem Beifahrersitz das überhaupt sehen kann, fährt sie meistens freihändig. Aber es geht alles gut, denn sie weiß offensichtlich genau, wie breit ihr Auto ist.
Zuerst halten wir an einem Aussichtspunkt, von wo aus man die Berge Marokkos sehen kann. Obwohl es mir recht diesig vorkommt, spricht Sandra von seltenem Glück mit der Fernsicht.
Dann geht es weiter zur Höhle von Sankt Michael. Dies ist eine Tropfsteinhöhle, die auch als Konzertsaal genutzt wird. In einer großen Halle stehen die Tribünen zwischen den Stalakmiten und Stalaktiten, wobei die Stalaktiten von der Decke herab hängen.
Am nächsten Aussichtspunkt auf einem schmalen Grat kann man im Westen zur Costa de la Luz und nach Algeciras hinübersehen und im Osten zur Costa del Sol.
Hier gibt es auch jede Menge der putzigen Berberaffen. Sie springen auf die Taxis oder den Leuten auf den Kopf.
Wer irgendetwas in einer Tüte herumträgt, muss damit rechnen, dass ein Affe die Tüte haben will, denn es könnte ja was zu fressen drin sein.
Auf Schildern wird aber gewarnt, die Affen zu füttern, denn sie bekommen eine spezielle „Diät“. Auch muss man damit rechnen, gebissen zu werden, wenn man allzu heftig Widerstand gegen das besitzergreifende Verhalten der Tiere leistet.
Mich lassen sie aber in Ruhe. Besonders von Touristen umlagert sind die kleinen Affenbabys, die quiekend auf dem Felsen sitzen und nach ihrer Mutter rufen.
Weiter geht es zum ältesten Tunnel der Befestigungsanlagen, der zur Zeit der Belagerung Gibraltars durch die Spanier und Franzosen 1779 bis 1783 gebaut wurde. Britische Soldaten haben die Galerien und Kammern für die Geschütze mit Hammer, Meißel und Pulver in den Fels getrieben. Insgesamt sind im Laufe der Zeit 43 Meilen Tunnel entstanden, die sicherlich heute noch meist militärisch genutzt werden. Nur ein kleiner Teil ist öffentlich zugänglich. Zuletzt wurden die Tunnel im Zweiten Weltkrieg ausgebaut und mit modernen Geschützen versehen. Die Zivilbevölkerung von Gibraltar war in dieser Zeit in andere Teile des Britischen Empire evakuiert. Nur eine große Garnison passte hier auf die Zufahrt zum Mittelmeer auf und hielt sich Franco vom Leibe.
Die heutigen Gibraltarer leben vom Tourismus, den Banken oder der Seefahrt. Immerhin ist der Felsen noch immer eine wichtige britische Flottenbasis.
Die Straße nach unten ist so eng, das Sandra mit ihrem Minivan in den Spitzkehren reversieren muss, aber es geht natürlich alles gut und am Ende zahlt man 25€.
In der Fußgängerzone, in der jetzt sehr viel weniger Betrieb herrscht, kaufe ich noch einen Pin für die Kitschecke, einen Wandteller für das Treppenhaus und einen Weltempfänger und laufe dann wieder zurück zum Auto, das noch immer unversehrt in La Linea steht.
Jetzt noch eine Stunde Fahrt und ich bin am Strand von Tarifa, zusammen mit wohl einem Dutzend weiterer Wohnmobile.
Römische Ruinen an der Costa de la Luz
51. Tag (Donnerstag 17 Oktober)
Nach dem Einkaufen geht es weiter in Richtung Cadiz. Da es mir auf der N-340 nicht so sehr gefällt, fahre ich immer wieder in Seitenstraßen. Eine davon führt zu den römischen Ruinen von Bolonia. Hier sind die Reste der römischen Kleinstadt Baelo Claudia zu besichtigen, für EU-Bürger sogar kostenlos, wohl weil die Ausgrabungen aus irgendeinem Brüsseler Topf finanziert werden.
Es sind bei weitem nicht nur ein paar Steine zu erkennen, vielmehr sind das Theater, das Forum, ein Tempel, Thermen und die Salzfischfabriken direkt am Meer so gut erhalten, dass es nicht so schwerfällt, sich vorzustellen, wie es hier einmal gewesen ist. Auch auf der Hauptstraße mit Resten von Läden kann man herumlaufen.
Die Stadt wurde im 2. Jahrhundert vor Christi gegründet und diente vor allem als Verbindungshafen zum heutigen Tanger. Sie liegt zudem wunderschön an einer weiten Bucht der Costa de la Luz.
Die nächste Seitenstraße führt mich nach Zahara de los Altunes. Hier lockt unwiderstehlich der Campingplatz Bahia de la Plata direkt am Strand.
Abends mache ich noch einen Strandspaziergang.
52. und 53. Tag (Freitag, Samstag 18., 19. Oktober)
Am Freitag bin ich faul und sitze vor dem Auto in der Sonne herum. Es weht ein ziemlicher Wind, ist aber alles andere als kalt. An diesem Abend mache ich wieder einen Strandspaziergang, vorsorglich gleich ohne Schuhe.
Dabei läuft mir ein 66-jähriger Deutscher mit Hund über den Weg, der mir, als er hört wie ich reise, erstmal jede Menge Schauergeschichten über ausgeraubte Leute erzählt. Es war aber keine Variante dabei, die ich nicht anderswo auch schon gehört hatte.
Der Mann verlebt hier anscheinend seine Rente.
Am Samstag will ich auch am Strand sitzen, aber der Wind hat inzwischen eher noch zugenommen. So bläst er als erstes meinen provisorischen Windschutz fort, dann meine Mütze und paniert gleichzeitig den mit Sonnenöl eingeriebenen Rücken mit Flugsand. So sitze ich doch bald wieder im Liegestuhl vor dem Auto und kann hier auch jederzeit was Kaltes zu trinken aus dem Kühlschrank holen.
Doñana-Nationalpark
54. Tag (Sonntag 20. Oktober)
Der Wind hat inzwischen auch Wolken herangeblasen, so dass ich mich zum Weiterfahren entschließe.
Vorbei an Cadiz und Jerez de la Frontera geht es nach Sanlucar de Barrameda, dem selbsternannten Tor zur Donana. Hier ist die Beschilderung des Parks jedoch so schlecht, dass ich dreimal im Kreis durch den Ort fahre, bis ich bemerke, das das einzige Schild, das aus dem Kreis herausführt, nur aus der Gegenrichtung lesbar ist. Als ich diesem dann folge, lande ich auf einem innerstädtischen Parkplatz. Auch die Erklärungen eines Einheimischen helfen nicht weiter, da ich natürlich kein Wort verstehe.
Irgendwann finde ich aber doch die gewünschte Straße und bin bald tatsächlich im Park. Die Straße ist sehr schlecht, aber es geht durch einen schönen Pinienwald.
Dies scheint aber nur ein Randbereich des Parks zu sein, denn hier gibt es Rast- und Grillplätze im Wald und irgendwo knattern Jugendliche mit Mopeds durch den feinen Sand. Ich laufe ein bisschen herum, bis die Schuhe voller Sand sind, aber den Guadalquivir sehe ich nicht. Leider liegt auch jede Menge Müll hier herum, obwohl Abfallcontainer aufgestellt sind. Die sind allerdings auch schon voll.
Noch ein kurzes Stück fahren, und der Park ist schon zu Ende. Das kann also wirklich nur ein winziger Ausläufer gewesen sein. Aber ein Schild verweist zu einem Beobachtungsposten. Auf staubiger Straße geht es 6 Kilometer in südlicher Richtung am Fluss entlang. Unterwegs treibt mir der Wind immer wieder Sandwolken entgegen. So müssen sich Saharafahrer fühlen. Der Sand ist tatsächlich sehr schnell überall.
Der Beobachtungspunkt entpuppt sich als im Wind schwankender Ponton auf dem Fluss, von dem aus man das andere Ufer auch nicht besser sehen kann, als von Land aus. In der anderen Richtung sind aber, gar nicht weit entfernt, Flamingos und auch ein paar Reiher zu sehen, die dort im flachen Wasser nach Fressbarem suchen.
Die Straße ist hier zu Ende, also kehre ich um. Die Straße führt durch eine flache Gegend. An der rechten Seite stehen Gewächshäuser und bewässerte Gemüsefelder. Die Gewächshäuser sind mit Plastikplanen gedeckt und wenn diese vom Wind zerfetzt werden, bleiben die Fetzen auf der anderen Straßenseite im Gebüsch hängen. Und wenn dann schon mal Müll da liegt, kann man gleich noch anderen Unrat dazu tun.
Aber diese Straße ist irgendwann zu Ende und ich gerate in jetzt hügeliger Gegend auf die Hauptstraße nach Trebujena.
Hier ist es mal wieder Zeit zum Tanken. Diese selbstverständliche Tätigkeit ist der Erwähnung eigentlich so wenig wert, wie der Stuhlgang. Aber weil sich hier der Tankwart sehr seltsam aufführt, sei es berichtet. Ich fahre an die Dieselsäule und bediene mich selbst. Als der Tankwart dazu kommt, nimmt er die Zapfpistole raus und will wissen, wie ich denn meinen Sprit bezahlen will. Ich zeige ihm die Visakarte. Er murrt und lässt den Sprit wieder laufen, murmelt aber irgendwas von „Trenta Euros“ und hört auch tatsächlich bei 30 Euros auf. Als ich verlange, er möge volltanken, meint er, auf Karte gäbe es nicht mehr Sprit als für 30 Euros. Auf dem Weg zur Kasse verlangt er schon draußen in barschem Ton die Kreditkarte. Das kommt mir alles sehr seltsam vor und ich drücke dem verdutzten Kerl genau 30 Euros Bargeld in die Hand und mache mich davon. Wenn ihm meine Kreditkarte nicht gut genug ist, dann soll er sie auch nicht kriegen.
In Trebujena finde ich wieder, mehr mit Intuition, als mit Hilfe der Beschilderung, die Straße entlang des Guadalquivir.
Diese ist am Anfang sehr schlecht. Riesige Schlaglöcher von russischem Ausmaß müssen umkurvt werden. Einmal muß ich einen anderen Weg um das Loch nehmen, weil schon der Teer am Unterboden kratzt. Aber bald wird die Straße etwas besser. An der linken Seite sind Viehweiden und dahinter der Fluß, an der rechten dehnen sich endlose Baumwollfelder.
Als die Viehweiden links aufhören, finde ich dort einen Platz unter Bäumen mit jeder Menge Fahrspuren und auch ein paar Mülltonnen. Dies scheint ein Rastplatz zu sein. Ich stelle mich ca. 5m vom Ufer des Guadalquivir für die Nacht auf.
55. Tag (Montag 21. Oktober)
Die Straße ist noch immer schlecht, aber ich kann meistens 40 km/h fahren. Da es keine brauchbare Beschilderung gibt, fahre ich der Nase nach in einem weiten Bogen nach Nordwesten. Es geht durch flache, landwirtschaftlich genutzte Gegend. Baumwolle und Getreide scheinen die hauptsächlich angebauten Pflanzen zu sein. Vor mir dehnt sich ein sandiger, aber ordentlich befahrbarer Weg scheinbar endlos in die Weite. Da es Nachts geregnet hat, gibt es ein paar Pfützen. An einer Stelle stehen ein paar Autos und Männer. Als ich vorbeifahre, höre ich Rufe und dann merke ich auch schon, wie das Auto haltlos hin- und herschlingert. Die Oberfläche der Straße besteht hier aus zähem, etwa 10 cm tiefem Schlamm, sieht aber aus dem Fahrerhaus betrachtet ganz passabel aus. Im Rückwärtsgang und unter Einsatz des Bremsdifferentials schaffe ich etwa die Hälfte der 30m die ich hier mehr hineingerutscht, als gefahren bin. Dann sitze ich endgültig fest. Also Wanderstiefel anziehen, raus und sehen was sich machen lässt. Nach ein paar Schritten habe ich dicke Klumpen zähen Matsches an den Füßen. Mit dem Klappspaten verschaffe ich den Rädern freie Bahn nach hinten. Aber beide Räder drehen nur durch. Auch die Gummifußmatte, vor ein Rad gelegt, nützt nichts. Mittlerweile habe ich auch Publikum. Zwei ältere Männer stehen am Straßenrand und sehen interessiert zu. Die Aktion mit der Fußmatte quittieren sie mit Gelächter. Naja, die Sandbleche hole ich eben später raus. Da ich die Räder hier nur durchdrehen lassen kann und auch hin- und herschaukeln nichts mehr nützt, das aber alles bei aufheulendem Motor passiert, meint der eine der beiden immer wieder „No Ferrari, no Ferrari“. Als ich mir wieder mal draußen die ganze Sache besehe, geht mir sein Kommentar so auf die Nerven, dass ich auf die offene Fahrertür weise. Jetzt ist er bei seinem Stolz gepackt und muss sich beweisen. Sein Kollege will sich jetzt fast kaputt lachen. Er schaut zuerst verblüfft, steigt dann aber ein, würgt zuerst den Motor ab und lässt ihn bald danach ebenso aufheulen wie ich. Natürlich mit dem selben Erfolg. Jetzt ist auch der Andere vom Zuschauer zum Beteiligten geworden. Er schleppt Reisig heran, den wir vor den Hinterrädern verteilen. Mit Schieben geht es so ein paar Meter, aber dann sitzt das Auto wieder fest. Ein Geländewagenfahrer dreht um und prescht davon, anstatt mit seinem Auto Schlepphilfe zu leisten. Aber zwei andere Männer sind inzwischen gekommen und zu viert schieben wir das Auto schließlich aus dem Schlamm.
Ich bedanke mich bei meinen Helfern und nehme eine andere, diesmal geteerte Straße. Jetzt komme ich nach Los Palacios y Villafranca, was eigentlich nicht in meiner Richtung liegt. Aber hier finde ich die Straße nach Isla Menor und das liegt nördlich von jenem Flussübergang, der aus Süden so einfach nicht zu erreichen ist. Aber auch hier wird die Straße sandig und da es immer wieder regnet, ist bald wieder mit trügerischem Matsch zu rechnen. Bei genauem Betrachten der Karte sehe ich auch, dass es südlich von Sevilla nur zwei Fähren über den Guadalquivir gibt. Auch an der Stelle, die ich ursprünglich als Übergang im Visier hatte, verkehrt eine Fähre. Die nächste Fähre ist bei Coria del Rio. Am Anleger, der eigentlich nicht als solcher zu erkennen ist, stehen ein paar Autos und am anderen Ufer macht sich ein flacher Kahn, beladen mit drei oder vier Kleinwagen, zur Abfahrt bereit.
Mein Bedarf an Abenteuern ist für heute gedeckt und ich habe bei diesem unsicheren Wetter auch keine große Lust mehr auf die Donana, so fahre ich nach Sevilla und auf der N630 in nördlicher Richtung. Die Straße windet sich in vielen Kurven über die Berge und immer steckt man zwischen LKWs oder wird vom Windschlag der entgegenkommenden Laster durchgerüttelt. Hinter der Grenze zur Extremadura biege ich in Richtung Llerena auf eine Nebenstraße ab. Das hügelige, baumbestandene Weideland, durch das es jetzt geht, ist schön anzusehen, bietet aber wenig Stellplätze, will man nicht vor einem Gatter parken. Vor Pallares finde ich aber doch einen Platz auf einem Rest der alten Straße.
Merida und ab nach Hause
56. Tag (Dienstag 22. Oktober)
Ich fahre weiter auf Nebenstraßen bis Lleranes und dann zurück zur N630, die hier als Autovia vierspurig ausgebaut ist. Dieses Glück währt aber nicht lange, doch Merida ist nicht mehr fern.
Man scheint hier nicht besonders stolz auf die römische Vergangenheit zu sein, jedenfalls ist die Beschilderung eher spärlich. Ich finde aber doch die beeindruckenden Reste eines großen Aquädukts…
…und parke in dessen Nähe, um die Stadt zu Fuß zu erkunden. Ich sehe noch eine lange römische Brücke über den Fluß Guadiana und riesige Mauern, die aber verbergen, was hinter ihnen ist, denn alle Tore sind verschlossen.
Davon abgesehen, ist die Stadt eher häßlich und ich habe keine große Lust mehr, darin herum zu laufen.
Als ich die Straße nach Madrid gefunden habe, sehe ich auch Schilder zu den römischen Ruinen, aber jetzt ist es zu spät, der Entschluss steht fest: ich will weiter in Richtung Heimat.
Bald biege ich von der Autovia ab in Richtung Guadelupe. Dort war ich allerdings schon 1996, kann den Besuch des hübschen Ortes auch empfehlen. Jetzt reizt mich mehr die Suche nach Einsamkeit in der Sierra de Guadelupe oder den Montes de Toledo.
Hinter dem Abzweig nach Guadelupe finde ich an der Ex-102 einen Platz. Allerdings braucht man hier schon die Heizung und es regnet, während ich dies schreibe.
57. Tag (Mittwoch 23. Oktober)
Die enge, kurvige Straße führt durch kleine Täler, manchmal fast schon Schluchten. Vor Toledo wird dann die Gegend flacher und die Landwirtschaft tritt in den Vordergrund.
Von Toledo aus fahre ich zunächst in Richtung Cuenca und biege dann auf die CM-200 in Richtung Norden ab. Hier ist die Gegend etwas hügeliger und ich finde bald einen Übernachtungsplatz auf einem Rest der alten Straße.
58. Tag (Donnerstag 24. Oktober)
Auf der CM-200 geht es weiter bis Guadalajara und dort auf die Autovia N-II. Es sind eine Menge LKW’s unterwegs, aber ich finde bald meinen Rhythmus und rolle so bis hinter Huesca, am Rand der Pyrenäen, wo die Autovia endet. Dies ist gleichfalls die Europastraße 7. Die E-6 verbindet Oslo mit dem Nordkap, die E-8 Tromsö mit der Ostsee, dann ist es ja logisch, dass die E-7 Madrid mit den Pyrenäen verbindet. Dieses Nummernschema würde ich gern begreifen.
An der Nebenstraße nach Boltana finde ich einen Platz unter Bäumen am Fluß.
Bald kommt ein britisches Pärchen mit einem großen Alkovenmobil auf einem neuen Fiat Ducato. Zunächst kurven sie mit weit aufgestellter Dachluke gefährlich dicht unter tiefhängenden Ästen herum, dann wollen sie wohl noch näher an den Fluß und bleiben prompt im Geröll stecken. Als ich schon überlege, wie ich ihnen wieder raushelfen kann, kommt der Fronttriebler doch im Rückwärtsgang wieder die Böschung hoch.
Er erzählt mir dann noch, daß sie in fünf Wochen inklusive etlicher Fährpassagen fast das ganze Mittelmeer umrundet haben und jetzt auf dem Heimweg sind. Hier gibt es nur Dinner, dann geht es noch bis Mitternacht weiter.
59. Tag (Freitag 25. Oktober)
Über den Col du Portillon fahre ich bei tiefhängenden Wolken und Nieselregen nach Frankreich. Leider kommt so das bunte Herbstlaub nicht richtig zur Geltung. Aber schon vor dem nächsten Pass, über den ich in Richtung Osten vorankommen will, kommt die Sonne durch und ich kann draußen Mittagessen. Auf diesen Straßen durch die Berge findet sicherlich mindestens eine Pyrenäen-Etape der Tour de France statt. Auf den Asphalt sind Anfeuerungsparolen geschrieben, manchmal auch kleine Kunstwerke in den Landesfarben. Ich lese immer wieder im Vorbeifahren die Namen Jan (Ullrich) und Lance (Armstrong) oder Richard Virenque.
Von West nach Ost nimmt hier der Massentourismus immer mehr zu. Im Tal südlich von Lourdes reiht sich ein Campingplatz an den anderen. Um den Col du Tourmalet herum ist der Berg mit Liften verdrahtet und kurz hinter dem Pass steht ein Skidorf aus der Retorte.
Noch ein Stück weiter finde ich einen weiten Schotterplatz oberhalb eines kleinen Stausees und richte mich hier für die Nacht ein.
60. Tag (Samstag 26 Oktober)
Der nächste Pass ist der 1489m hohe Col d’Aspin und hier unternehme ich bei strahlendem Sonnenschein eine kleine Wanderung durch den bunten, urigen Bergwald. Nach dem Mittagessen in der Sonne geht es weiter aus den Pyrenäen heraus und über Auch in Richtung Montalban.
Vor der halbverfallenen Zisterzienserabtei Belleperche bei Montauban, direkt an der Garonne gelegen finde ich einen Übernachtungsplatz.
Die Abtei wurde im 13. Jahrhundert gegründet, verarmte im Hundertjährigen Krieg, wurde 1572 in Brand gesteckt und 1701 neu erbaut. Die gotische Kirche wurde im 19. Jahrhundert abgerissen.
Ein L-förmiger Bau erstreckt sich heute entlang der Garonne. An der langen Seite des L liegt der Kreuzgang. Alles ist sehr baufällig, kann aber nach telefonischer Vereinbarung wohl besichtigt werden.
61. Tag (Sonntag 27. Oktober)
Auf der N20 und der N145 fahre ich über Limoges bis la Souterraine. Hier übernachte ich auf einem Parkplatz neben der Kirche. Ein Rundgang durch das Städtchen fördert nichts wirklich sehenswertes zu Tage. Der Reiseführer schreibt jedoch von Resten eines gallo-römischen Heiligtums in der Krypta der Kirche. Aber ausgerechnet die Krypta ist versperrt.
62. Tag (Montag 28. Oktober)
Ich bemühe wieder die elektronische Navigateuse, weil mein Kartenmaterial von Frankreich nicht mehr ganz aktuell ist und ich mautpflichtige Autobahnen auf jeden Fall vermeiden will. Mit der Einstellung „Mit Autobahn“ aber „Ohne Maut“ führt sie mich aber doch auf ein kurzes Stück der A 71. Knappe 10 km kosten immerhin 1,80 €. Ich klammere also auch Autobahnen aus und kann jetzt nur Ziele im Umkreis von 200km angeben. Ich entscheide mich für Chaumont an der Marne.
Jetzt geht es vorwiegend auf Departementstraßen und Nationalstraßen durch das herbstlich bunte Frankreich. Kurz nach 17 Uhr erreiche ich Chaumont und mit dem letzten Tageslicht finde ich einen Platz im Wald vor einem kleinen Steinbruch.
63. Tag (Dienstag 29. Oktober)
Am nächsten Tag erreiche ich wieder deutschen Boden und bin am frühen Abend daheim.
(c) Henning Schünke