Spanien 2002 – Teil 2
Inhaltsverzeichnis
- Stadtrundgang in Toledo
- Im weiten Bogen nach Cuenca
- Ciudad Encantada und Serrania Cuenca
- Auf den Spuren des Don Quichote: Windmühlen, die Ruidera Seen und Höhle des Montesinos
- Mit dem Don nach Puerto Lapice und zur Dulcinea von Toboso
- Castel Belmonte
- Auf Schotterpisten nach Andalusien
- Die Kulissen für Paella-Western
- Geländeübung in der Sierra de Alhamilla
- Durch die Alpujarras
Stadtrundgang in Toledo
22. Tag (Mittwoch 18. September)
Ich laufe zu Fuß nach Toledo hinein (ca. 30 Minuten). Erste Amtshandlung ist Mittagessen, möglichst draußen. Nach etwas suchen finde ich auch ein Lokal und bestelle Rebhuhn auf Toledaner Art. Der Vogel liegt dann in einer Brühe zusammen mit Röstkartoffeln, Zwiebeln und Lorbeerblättern. Das schmeckt gut, ist aber für fast 26€ inklusive Getränke (Wein, Wasser und ein Cappuccino) auch nicht so günstig, wie in Segovia.
Frisch gestärkt besichtige ich die Kathedrale.
Diese muss einer der größeren Kirchenbauten auf der Welt sein, denn das gotische Innere ist schier riesig (über 100m lang und 60m breit). Besonders schön ist eine mehrere Meter hohe und breite goldene Altarwand.
Hier steht aber auch der Überwacher des Fotografierverbots. Hebt man nur die Kamera etwas an, zerreißt schon sein „No Fotos!“ die sakrale Stille. Aber alle Anderen knipsen auch munter drauflos und an anderen Ecken interessiert es niemanden. Warum können sie die Touristen denn nicht mit den verwackelten Aufnahmen ziehen lassen ?
In der Sakristei sind dann noch diverse Kunstschätze zu sehen, darunter die mit ca. 3m Höhe größte Monstranz Spaniens oder eine Bibel für König Louis den VI. von Frankreich (Näheres dazu unter www.biblia-san-luis.com).
Aber auch ein Säbel von Generalissimus Franco ist hier ausgestellt.
Dann umwandere ich noch den Alcazar…
…und sehe beim Herumlaufen immer wieder Bauten im Arabischen Stil.
Immerhin ist Toledo die älteste Stadt Spaniens und hatte schon verschiedene Bewohner. Zuerst wurde es von den Römern erobert; wem die es wegnahmen, darüber schweigt der Kulturführer, dann kamen die Westgoten, dann die Araber und schließlich die katholischen Könige.
Die meisten Sehenswürdigkeiten scheinen sich innerhalb der diversen Museen zu verbergen und dazu habe ich keine rechte Lust. So irre ich, trotz Stadtplan, etwas ziellos herum. Es gibt auch hier hunderte von Kitschläden. Meist gibt es Messer aus dem berühmten Toledaner Stahl, historische Waffen oder Keramik. Aber auch immer wieder Figuren von Don Quijotte und seinem Knappen Sancho Pansa. Der Don lang und dürr mit einer Barbierschüssel, pardon dem Helm des Mambrin auf dem Kopf und Sancho klein und so dick, dass er fast aus dem Anzug platzt. Und das, obwohl die beiden in der Geschichte nie nach Toledo kommen. Aber hier ist Kastillien-La Mancha und die zwei sind schließlich aus der Mancha.
Auf dem Campingplatz fege ich noch ein halbes Kilo Dreck aus dem Auto und mache etwas den Haushalt, um mich dann, ohne Sorgen um den Akku, diesem Text zu widmen.
Im weiten Bogen nach Cuenca
23. Tag (Donnerstag 19. September)
Ich will heute auf Nebenstraßen (CM-3000 und CM-200) in einem weiten Bogen nach Süden in Richtung Cuenca fahren, welches eher nordöstlich von Toledo liegt.
Dafür muss ich zuerst auf die Nationalstraße nach Ciudad Real. Auf dem Weg dahin bietet sich vom hohen Ufer des Tajo aus nochmal ein Blick auf Toledo mit dem Alcazar und der Kathedrale als den auffälligsten Bauten.
Südlich von Toledo wachsen jede Menge Olivenbäume auf dem rotbraunen Boden der Mancha.
An der Nationalstraße finde ich bald einen Intermarché, also einen jener Supermärkte, wie sie in jedem französischen Dorf zu finden sind. In der Hoffnung auf Frischmilch halte ich an. Aber auch hier, trotz meterweise Kühlregalen nur H-Milch. Aber diese hält schon bis zum nächsten Jahr, also wieder ein Sechserpack eingekauft.
Bald bin ich im Bummeltempo auf der Nebenstraße in östlicher Richtung unterwegs. Die Landschaft ist weit, flach, heiß und trocken. In der Ferne sind einzelne Hügelketten auszumachen und oft verliert sich die Straße in einer Luftspiegelung am Horizont. Jeder kann hier Montags sehen, wer ihm Mittwochs entgegenkommt, so dass der ganze Dienstag für das Überholen bleibt, und so bin ich auch kein Hindernis für den spärlichen Verkehr. In der Gegend von Mora ist es Zeit zum Mittagessen und schon lockt ein Schild: „Embalse de Finisterre“. Wie wohl der Stausee am Ende der Welt aussieht ?
Nach wenigen Kilometern ein Damm zwischen zwei Hügeln und dahinter ein recht großer, wenn auch sicherlich nicht randvoller Stausee. Aber kein Schatten und die Sonne brennt kräftig herunter.
Aber an der Straße steht noch ein Schild: „Ermita de San Christo“. Und hier finde ich, hinter der relativ großen Kirche in einem kleinen Wäldchen etwas Schatten für die Mittagsrast.
Bald sind bei El Romeral die ersten Windmühlen auf einem Hügel zu sehen.
Von jener Art, welche der ungemein tapfere, aber scheinbar schwachsichtige Don Quijote für Riesen gehalten und deshalb todesmutig angegriffen hat. Im Ort ist nichts ausgeschildert und so muss ich mich einige Male aus engen, steilen Gassen wieder herauswinden, bis ich schließlich die Mühlen vor mir sehe.
Vorher aber noch ein lebensechtes Esels-Denkmal.
Der gemauerte, kreisrunde Zylinder ist blendend weiß verputzt. Die Dachhaube mit dem Windrad kann über einen langen Balken, der gegenüber dem Windrad fast bis zum Boden ragt, von Hand in den Wind gedreht werden. Diese Mühlen sind natürlich nicht mehr in Betrieb, aber Lampen für die nächtliche Illumination sind schon installiert.
Etwa hinter Tembleque werden die Hügel langsam höher und rücken vor allem dichter zusammen. Zusätzlich wird das Land grün. Je näher ich an Cuenca herankomme, um so mehr erinnert die Gegend an die Toskana. Allerdings ist die Stellplatzsuche nicht ganz leicht. Es führen wohl jede Menge Wege und Sträßchen von der Hauptstraße weg, aber diese verlaufen zwischen Feldern und unwegsamen Gelände, so dass hier keine ungenutzte, ausreichend große, feste und halbwegs ebene Fläche bleibt.
Als ich schließlich nach einigem Herumkurven und ein paar Übungen im Geländefahren auf den stellenweise ausgewaschenen Feldwegen einen Platz gefunden habe, kommen bald zwei Mann im Geländewagen und sagen artig Guten Abend. Ich versuche meine Frage, ob es ok ist, hier mit dem Wohnmobil zu übernachten, so verständlich wie möglich zu formulieren. Der Eine guckt skeptisch und schüttelt den Kopf, ist aber nicht unfreundlich. Also packe ich alles wieder zusammen. An diesem Platz sind eine Menge Schafsspuren und die Beiden fahren weiter um vielleicht ihre Herde zu holen, die dann hier vorbeigetrieben wird.
Auch ich fahre noch ein Stück Richtung Cuenca und werde schließlich vor Abia de la Obispella auf einem Sandplateau mit Aussicht und einigen Schutthügeln fündig.
Ciudad Encantada und Serrania Cuenca
24. Tag (Freitag 20 September)
Ich bin bald in Cuenca. Die Gegend ist inzwischen wesentlich dramatischer geworden und hat nichts mehr vom Ebenmaß der toskanischen Landschaft. Cuenca liegt auf einem Felsen zwischen den Schluchten der Flüsse Jucar und Huécar.
Im Reiseführer steht aber auch etwas von der Ciudad Encantada, der Verzauberten Stadt. Das ist eine Gegend mit bizarr verwitterten Felsformationen in der Nähe.
Nun, Nähe ist relativ, hier sind es immerhin 30km. Aber der Weg geht zunächst durch die Schlucht des Jucar, wo auch schon jede Menge verwitterte, rotbraune Felsen zu sehen sind. Dann geht es hinein in die bewaldeten Berge.
Auf dem Parkplatz vor der Ciudad Encantada gibt es erstmal Mittag und dann entrichte ich meinen Obolus von 3€ und stiefele los.
Die oberen Schichten der Felsen sind anscheinend härter, weshalb diese langsamer verwittern, als das darunter liegende Gestein, wodurch Formen entstehen, die an Tische, Pilze oder auch Schiffe erinnern.
Auch Felsentore sind zu sehen, eines davon ist sogar gotisch.
Seit ein paar Tagen benutze ich nur noch die manuelle, alte Nikon, weil die Automatische nicht zuverlässig funktioniert und immer wieder, für mich grundlos, einen Fehler anzeigt..
Bei dieser Kamera muss alles von Hand eingestellt werden, also spannen, Belichtung über Zeit und Blende einstellen und scharf stellen. Da mir die Zusammenhänge ja noch geläufig sind, klappt das auch ganz gut. Nur beim Spannen fürs letzte Bild auf dem Film geschieht dann das Malheur: Ich kann nicht weit genug spannen, um noch auszulösen, aber es ist schon so weit gespannt, dass der Film auch nicht mehr zurückgespult werden kann.
Also fliegender Kamerawechsel und, oh Wunder, die automatische Nikon hat wieder einen Ihrer lichten Momente.
Durch die Berge fahre ich jetzt auf einer anderen Strecke zurück nach Cuenca und finde auch einen Parkplatz oberhalb der Stadt, nicht weit von einem Stadttor gelegen.
In der Stadt sind viele Jugendliche, die meisten tragen einheitliche T-Shirts mit der Aufschrift „San Mateo, Cuenca“ und sitzen schwatzend auf den Treppen herum oder ziehen durch die Straßen. Um den Platz vor der Kathedrale ist alles mit massiven Holzbarrieren abgesperrt, so dass nur ein schmaler Durchschlupf bleibt. Auf dem Platz ist es rappelvoll, eine Kappelle spielt, viele Leute tanzen.
Die Fiesta San Mateo, jedes Jahr am 21. September, erinnert an die Rückeroberung der Stadt im Jahr 1177 durch König Alfons den VIII.
Mir ist das zu voll, zumal auch die Kamera wieder spinnt. Ich beschließe, am Montag wieder zu kommen, wenn der ganze Zirkus vorbei ist. Der Parkplatz wäre aber zur Übernachtung durchaus geeignet.
Ich fahre ein Stück in die Umgebung und finde bald einen Platz an der Straße auf der Hochfläche vor Buenache.
Am Abend zieht ein Gewitter in der Nähe vorbei und als es nicht mehr so hell blitzt, verrammle ich mich im dunklen Bad, um wenigstens wieder eine funktionierende Kamera zu haben. Ich öffne im Dunklen das Gehäuse und während draußen der Donner grollt, spule ich den belichteten Film zurück in die Dose.
Gewitter kommen in dieser Nacht noch zwei über mich, weshalb der Schlaf etwas dünn ausfällt.
25. Tag (Samstag 21. September)
Um den Schlafmangel zumindest durch Dösen etwas auszugleichen, bleibe ich bis Mittag im Bett, verspüre aber auch dann wenig Lust zu gesteigerter Aktivität. Um 15 Uhr fahre ich endlich weiter, aber nur um eine gute halbe Stunde später an einem Platz im lichten Wald auf einer Anhöhe erneut das Lager aufzuschlagen. Es ist kälter geworden und windig, aber wenigstens trocken. Ich lese fast den ganzen Tag: Monpti, eine zuerst witzige, immer spannende und am Ende todtraurige Liebesgeschichte. Gerade als sie zueinander finden, wird Sie vom Bus überfahren.
Nach Sonnenuntergang ist plötzlich das Röhren eines Hirsches in der Ferne zu hören. Aber er röhrt nicht lange allein, schon bald finden sich Rivalen ein. Fast eine Stunde lausche ich am offenen Klofenster oder draußen im Mondlicht diesem seltenen Konzert.
26. Tag (Sonntag 22. September)
Durch die landschaftlich schöne Serrania Cuenca geht es zum Nacimientos del Rio Cuervo. Hier spaziert man durch den Wald zu jener Stelle, wo der Rio Cuervo unter einer Felswand hervortritt. Die eigentliche Stelle ist allerdings sehr zugewuchert. Aber der Weg entlang des Flusses ist sehr reizvoll.
Auf dem Weg zurück in Richtung Cuenca entdecke ich einen schön gelegenen Platz oberhalb der Schlucht des Rio Jucar.
Auch hier sind, allerdings schon zur Kaffeezeit, zwei röhrende Hirsche zu hören, nur leider im Wald nicht zu sehen. Zu sehen sind aber riesige Vögel, die vor der gegenüberliegenden Felswand kreisen. Ich vermute, dass es Geier sind.
Kurzwellenempfang ist gut hier, was am Wahlabend ja wichtig ist, aber das Handy sitzt im Funkloch.
27. Tag (Montag 23. September)
Die Hirsche sind immer noch zu hören, aber weil die Wolken inzwischen recht tief hängen, sind die Chancen sie zu sehen, noch weiter gesunken.
Da der kürzeste Weg nach Cuenca jetzt über die mir bereits bekannte Strecke zur Ciudad Encantada führt, mache ich noch einen Schlenker Richtung Norden über die Dörfer. Die Landschaft wird bald weniger dramatisch, bleibt aber durchaus schön.
Landwirtschaft bestimmt wieder das Bild. Getreide- und Sonnenblumenfelder wechseln sich ab und bedecken die sanften Hügel.
In kastilischen Dörfern ist entweder die Kirche oder ein Getreidesilo das auffälligste Gebäude, was ja in einem katholischen Agrarland auch nicht weiter verwunderlich ist. So etwas modernes, wie ein Silo ist aber längst nicht in jedem Dorf zu finden. Was man dagegen oft sieht, sind Ruinen. Entweder verlassene und verfallene Höfe aus Feldsteinen oder halbfertige Rohbauten aus rotem Backstein. In den Dörfern gibt es durchaus aber auch schmucke, neue oder gut renovierte, alte Häuser. Aber die sind meistens fest verrammelt. Vielleicht sind die Besitzer ausgewandert und kommen nur einmal im Jahr zurück. Fast alle Häuser, ob bewohnt oder nicht, haben aber Gitter vor den Fenstern im Erdgeschoß. Und da das eher selten Meisterwerke der Schmiedekunst, sondern ganz handfeste Dinger sind, ist der Zweck wohl auch eher die Sicherheit, als die Zierde. Man sieht auch nur wenig Menschen auf den Straßen, und wenn, sind es meistens alte. So manches kastilische Dorf wird wohl nur noch Rentner beherbergen.
Am Nachmittag bin ich wieder auf dem schon am Freitag erwähnten Parkplatz oberhalb von Cuenca in der Nähe des Arco de Bezudo.
Gerade als ich das Auto für die Nacht in die Waage stellen will, kommt ein junger Mann und lässt einen ungeheuren Wortschwall auf mich los, der aber nicht unfreundlich klingt. Ich verstehe ihn nicht und er meine Fragen auch nicht, aber er redet ununterbrochen.
Er redet irgendwas von „Guidar la coche“. Will er mein Auto bewachen ? Soll ich hier ganz besonders darauf aufpassen? Kostet das Parken hier Geld, und wenn ja, wie viel? Ist Übernachten am Ende strengstens verboten? Alle diese Fragen versteht er nicht, redet aber weiter und holt immer wieder eine Handvoll Kleingeld aus der Hosentasche. Aber auch die direkte Frage „How much, wieviel?“ prallt an seinem Verstand ab. Als ich entnervt alles wieder einpacke, um weg zu fahren, passt ihm das aber irgendwie auch nicht. Doch erstmal kommt ein anderes Auto, dessen Fahrer er jetzt vollquatschen muss.
Ich parke 100m weiter und gerade als ich in die Stadt will, kommt er wieder und redet auf mich ein. Der, den er zuvor vollgetextet hat, prescht gerade mit Vollgas vorbei. Zum Glück kommt ein Pärchen des Weges und ich frage, ob sie mir auf englisch erklären können, was er will. So kommt heraus, dass er hier die Autos bewacht und dafür den Betrag nimmt, den man gerne gibt. Ich gebe ihm 2€, nicht gerade gerne, aber wenigstens mäßigt sich jetzt sein Redefluss. Dann zeigt er mir noch die Casas Colgadas, die Hängenden Häuser und geht, immer noch redend, weiter in Richtung Altstadt. Hier spricht er nochmal jemanden an, der gerade aus seinem Auto gestiegen ist, immerhin schon 100m von meinem Auto entfernt, das er ja für teures Geld bewachen soll.
Als er seine Verhandlungen abgeschlossen hat, frage ich, wie es denn mit „Guidar la Coche“ steht. Die Antwort klingt irgendwie nach „Kein Problem, hab‘ alles im Griff“ und er läuft wieder neben mir her in Richtung Stadt. Jetzt fängt er an, von irgendeinem Riesending zu erzählen, das er gleich essen will und das „Mui Bien“ ist. Mein zu bewachendes Auto ist schon längst außer Sicht. Er verschwindet jetzt in einem Lokal, um dieses Riesenetwas zu verspeisen und ich kann mich endlich der Altstadt von Cuenca widmen.
Die Stadt ist jetzt wieder leer, nur einige der Barrieren stehen noch. Auch die sehen aus, als könnten sie einen wütenden Stier aufhalten.
Ich bin jetzt an der Plaza Mayor mit der normannisch-gotischen Kathedrale…
…und finde auch bald die „Hängenden Häuser“. Diese kleben direkt am Felsen oberhalb der Schlucht des Rio Huécar und haben hübsche Holzbalkone. Den besten Blick darauf hat man von einer kleinen Fußgängerbrücke, die hier hoch über die Schlucht führt.
In den Häusern ist ein Museum für abstrakte spanische Kunst und ein Restaurant untergebracht.. Nach einem Cappucchino an der Plaza Mayor erkunde ich noch die Lage der Stadt, wozu viele steile Wege zu gehen sind, was aber die Aussicht durchaus lohnt und gehe zurück zum Auto.
Der grandiose Wächter ist natürlich nicht zu sehen, aber passiert ist auch nichts. Ich fahre die 100m zurück zum ersten Parkplatz, stelle das Auto in die Waage und überlege, was zu tun ist.
Irgendwann bekomme ich Hunger und will in der Stadt Essen gehen. Aber alle Lokale sind um halb acht am Abend noch geschlossen. So kaufe ich in einem kleinen Laden Wildschweinwurst, die mittlerweile vierte Käsesorte und eine Flasche Rotwein und esse im Restaurante Mercedes zu Abend.
Auf den Spuren des Don Quichote: Windmühlen, die Ruidera Seen und Höhle des Montesinos
28. Tag (Dienstag 24. September)
Auf der bereits am Freitagabend und Samstag zurückgelegten Strecke geht es nochmals durch die einsamen Berge der Umgebung von Cuenca. In Valdemoro halte ich mich jetzt südlich und mache an den Lagunas de Canadas del Hoyo Mittagspause. Die Lagunas sind sieben Karstseen, von denen einer direkt am Parpkplatz liegt. Die anderen sechs sind etwa 3km entfernt. Dieser See ist fast kreisrund und das Wasser ist grün.
Auf Nationalstraßen (N420 und N320) geht es jetzt bis Motilla de Palancar, wo ich mich nach Westen wende.
Die Gegend ist inzwischen flacher geworden. Landwirtschaft ist allgegenwärtig und auch die ersten Bäume verfärben sich herbstlich in leuchtendem Gelb.
Während der Fahrt sehe ich plötzlich, wie sich eine Schlange vom warmen Asphalt vor dem Auto noch schnell herunterschlängelt, um nicht überfahren zu werden.
Vor San Clemente mache ich Kaffeepause an der Ermita de la Rus.
Das ist eine hübsche Kirche zwischen den Feldern. Auf einem Hügel steht ein Gebäude, das mir ein maurisches Kastell gewesen zu sein scheint. Hohe, fensterlose Mauern mit seltsam spitzen Zinnen.
Durch ein Loch in der einzigen Tür kann ich hineinspicken. Es gibt einen offenen Innenhof und leider jede Menge Gerümpel. An einer Ecke des Mauervierecks steht ein Kreuz, wohl um dem eroberten Bau das heidnische zu nehmen.
Von hier oben kann man die gesamte Umgebung überblicken, die aus Feldern und den Ruinen von drei verlassenen Höfen in der Nähe besteht.
Die Straße überquert jetzt immer wieder ausgetrocknete Flüsse.
Um El Toboso, dem heutigen Tagesziel herum, gibt es nichts als Felder. Es wachsen darauf etwa kniehohe, stammlose Pflanzen mit grünen Blättern an den Zweigen, deren Früchte oder was auch immer daran ist, gerade jetzt geerntet werden, denn auf diesen Feldern sind jede Menge Leute in Aktion. Ein Stellplatz ist in solcher Gegend, zumal in der Erntezeit, aber nicht leicht zu finden.
Beim Herumkurven finde ich in El Toboso noch die Casa Dulcinea, das Haus der Dulcinea von Toboso, der Dame des Ritters Don Quijotte, in welche er ebenso unsterblich, wie platonisch verliebt war. Hierin ist heute ein Museum. Daneben gibt es noch ein Cervantes-Zentrum und eine festungsartige Kirche. Ansonsten ist es ein Bauerndorf.
Ich fahre in Richtung Campo de Criptana aus dem Ort heraus, um später wieder zu kommen. Hier liegt links an der Straße eine recht große Straußenfarm. Als ich auf der Straße stehen bleibe, um Fotos zu machen, kommen immer mehr der großen Vögel herbei, um zu sehen, was es Neues gibt.
Bald treten die Felder zurück und ich finde einen Platz an der Straße.
29. Tag (Mittwoch 25. September)
Ich habe den Wasserhaushalt des Mobils etwas vernachlässigt und muß zuerst auf einen Campingplatz. Der nächste ist laut Karte an den Ruidera-Seen, wo ich sowieso hin will.
Oberhalb von Campo de Criptana sichte ich die vom Reiseführer versprochenen Windmühlen, denn dies ist ein Teil des „Don Quijotte Weges“. Aber das muss erstmal warten. An Tomelloso vorbei fahre ich zügig in Richtung Ruidera. Es sind immer wieder Traktoren mit Anhängern unterwegs und die haben meist Weintrauben geladen. Also müssen die gestern beschriebenen und heute immer noch allgegenwärtigen Pflanzen wohl Weinstöcke sein. Die Gegend ist ansonsten topfeben. Erst als ich in die Nähe der Ruidera-Seen komme, wird es wieder bergiger. Die Seen selbst liegen in einer von Nordost nach Südwest verlaufenden Senke. Im Südosten sind die Berge weniger steil und bewaldet, wogegen im Nordwesten eher rotbraune Felswände das Bild bestimmen. Die Straße verläuft genau durch diese Senke hindurch und immer wieder kann ich auf die Seen blicken, die meist von einem breiten Schilfgürtel umgeben sind.
In Ruidera finde ich bald den Campingplatz, aber er ist schon geschlossen. In dieser Gegend kann es aber nicht nur einen Campingplatz geben, also folge ich nach dem Mittagessen an der N430 wieder der kleinen Landstraße und bin bald am Camping „Los Banates“, der auch geöffnet ist.
Ich richte mich häuslich ein, auch mit Strom, denn ein bisschen Pause kann auch nicht schaden.
30. Tag (Donnerstag 26. September
Ich bleibe lange im Bett und faulenze dann auf dem Campingplatz herum.
Weil dieser eine Satz für einen ganzen Tag recht dürftig aussieht, möchte ich hier etwas über das Autofahren in Spanien erzählen. Es gibt kostenpflichtige Autopistas und kostenlose Autovias. Beide sind mit unseren Autobahnen vergleichbar und interessieren mich auf dieser Reise eigentlich nicht.
Viele Nationalstraßen sind mit unseren Bundesstraßen vergleichbar und tragen ein N vor der Nummer. Die Landstraßen tragen dann das Kürzel der entsprechenden Region vor der Nummer, also CM für Castilla-La Mancha oder A für Andalusien. Alle diese Straßen sind meist gut ausgebaut. Oft sieht man Reste der alten, meist kurvenreichen Straße, neben der neu gebauten, die begradigt wurde. Flächenverbrauch scheint hier also keine große Rolle zu spielen. Außer auf Nationalstraßen ist der Verkehr meist so spärlich, dass ich mit meinem Bummeltempo von 60 km/h niemanden aufhalte. Aber auch ein Überholen ist oft problemlos. Überholverbote werden sehr konsequent nach der Regel „100m vor Kuppen oder nicht einsehbaren Kurven ist es verboten“ beschildert. Auch auf kleinsten Straßen gibt es Überholverbotsabschnitte, die noch keine 100m lang sind. Die meisten Einheimischen halten sich auch daran. Ich versuche auch dadurch, dass ich weit rechts fahre, den Leuten den Eindruck zu nehmen, ich wollte sie mit Absicht aufhalten. Ist die Schlange gar zu lang, fahre ich entweder kurz rechts ran oder doch schneller.
Etwas seltsam ist mitunter das Linksabbiegen geregelt. Hier biegt man zuerst rechts ab und überquert dann die Straße, von der man eben abgebogen ist in voller Breite. Der Vorteil dieser Methode ist mir bisher nicht ersichtlich geworden.
Kreisverkehre kommen auch recht häufig vor, aber auch eine Variante des Kreisverkehrs, bei der die Hauptstraße gerade durch den Kreis hindurchgeführt wird. Wer hier von der geraden Richtung nach links abweicht, hat jede Menge Vorfahrts- und Stopschilder zu beachten, weil man auch hier rechts abbiegt, um links abzubiegen. Vor diesen Kreuzungen wird oft schon vorher gewarnt, denn auch den Straßenbaubehörden scheint diese Anordnung gefährlich zu sein.
Eine gute Lösung wurde für das Linksabbigen aus Nebenstraßen in Hauptstraßen gefunden, sofern keine der oben beschriebenen Varianten Verwendung findet. Hier kann man, nachdem man den von links kommenden Verkehr durchgelassen hat, in der Mitte der Hauptstraße Aufstellung nehmen und sich dann von links in die neue Richtung einfädeln. Das würde auch in Deutschland manche kritische Kreuzung auf dem Lande entschärfen.
Die Leute fahren temperamentvoll, aber nicht rücksichtslos, so dass ich das Fahren hier als angenehm empfinde.
Auch wenn ich in Ortschaften mir nicht sofort über den richtigen Weg im Klaren bin, wird nicht gehupt. Wer kann, fährt vorbei. Innerorts stehen leider selten Schilder, aber in kleinen Dörfern hilft es meistens, der am besten ausgebauten Straße zu folgen, um in der richtigen Richtung wieder hinauszufinden.
31 Tag (Freitag 27. September)
Heute ist wieder ein bisschen Aktion angesagt. Vielleicht kann ich ja einen der Seen per Fahrrad umrunden oder ich finde die Höhle des Montesinos, in welcher schon Don Quijote die phantastischsten Visionen hatte. Die Straße, an welcher der Campingplatz liegt, endet nach ein paar Kilometern als Feldweg. Auch den Feldweg fahre ich, soweit es geht. Aber um einen der Seen kommt man wohl nur mit dem Mountainbike herum, denn einige Leute sind so unterwegs und kommen plötzlich von irgendwo herangefahren. Aber auch so gibt es immer wieder hübsche Ausblicke.
Manche der Seen scheinen schon komplett verlandet zu sein.
In der Nähe des Campinplatzes folge ich dann noch einem Schild „Camping Municipal Montesinos“, aber der Platz ist schon geschlossen. Die Straße geht aber weiter und als ich mich aus der Senke herausgearbeitet habe, finde ich tatsächlich die Höhle des Montesinos. Das ist ein felsiges Loh im Boden, in welches es reicht steil hinabgeht. Ich verzichte auf eine weitere Erkundung. Auch der Don wurde hier schließlich nur am Seil herabgelassen und wieder hochgezogen.
Nach einem Fußbad in dem Bach, der die Seen verbindet, bin ich am Nachmittag wieder am Campingplatz.
Ich habe Nachbarn aus Deutschland mit Wohnwagen und Hund. Die Frau redet ununterbrochen. Erst denke ich, sie telefoniert, weil nur sie zu hören ist. Aber das Handy hat hier keinen Empfang. Doch so ein Hund gibt schließlich keine Widerworte und Ihr Mann ist auch eher ruhig.
Zum Wochenende lassen sich auch die Spanier hier sehen und der Platz wird voller.
Mit dem Don nach Puerto Lapice und zur Dulcinea von Toboso
32. Tag (Samstag 28. September)
Heute will ich nochmal Don Quijotte nachspüren. Also geht es zunächst auf Nationalstraßen nach Puerto Lapice. Hier soll sich jene Herberge an der Straße nach Sevilla befunden haben, in der er mehrfach während seiner Ausfahrten Quartier bezog und die in der Geschichte eine recht große Rolle spielt.
Vor einem pompös herausgeputzten Haus stehen ein paar gemauerte Bänke, deren Lehnen Motive aus dem Roman zeigen und die Textstellen zitieren, in welchen Puerto Lapice erwähnt wird.
Auch ein anderes Haus nimmt für sich in Anspruch, jene Herberge gewesen zu sein. Und weil es hier authentischer aussieht und der Hof recht hübsch ist, setze ich mich unter das Strohdach im Hof zum Mittagessen.
Die Speisekarte ist rein spanisch und ich suche den besten Kompromiss zwischen der Länge des Namens eines Gerichtes und dem Preis.
Was dann kommt, ist eine braune Bohnensuppe, ja eher ein Brei mit ein paar Fleischstücken darin. Es schmeckt aber gut, und kostet zusammen mit einer Flasche Wasser 10€.
Auf der Autovia geht es jetzt nach Consuegra. Weil ich etwas zu weit gefahren bin, muss ich über eine kleine Landstraße zurück. Diese zieht sich schnurgerade bis zum Horizont und immer wieder kann man weit ins Land blicken. So ist das Fahren hier oft fast wie Fliegen.
Auf einem Höhenrücken über Consuegra stehen ein paar Windmühlen und eine Festung dazwischen.
Die Festung ist geschlossen, aber eine der Windmühlen kann für 0,60€ besichtigt werden. Der Steinzylinder hat zwei niedrige Stockwerke und im oberen davon befindet sich das Mahlwerk. Der Mühlstein ist noch zu sehen, aber im ersten Stockwerk hat der fröhliche Mann, der den Eintritt kassiert, schon Weinflaschen zum Verkauf aufgestellt. Seine Preisvorstellungen decken sich aber nicht ganz mit den meinen, und so kaufe ich nur einen Pin für die Kitschecke.
Über Campo de Criptana, wo auch Windmühlen über der Stadt zu sehen sind, geht es dann nochmal nach El Toboso. Die „Casa Dulcinea“ hat noch eine halbe Stunde geöffnet und die reicht auch für ein paar Räume mit Hausrat und Möbeln aus dem 16. und 17. Jahrhundert. Man sieht große, tönerne Weinkrüge, die zum Teil in einen gemauerten Sockel eingelassen sind. Dann landwirtschaftliches Gerät und einen riesigen Balken mit einer Spindel am Ende im Hof, dessen Sinn und Zweck sich mir entzieht (Laut ADAC reisemagazin Mai/Juni 2004 ist es eine Weinpresse). Der Eintritt ist frei, dafür wird aber der Fotoapparat am Eingang in Verwahrung genommen.
Vor der Kirche steht ein Denkmal von Don Quijotte, wie er seine Dulcinea anbetet, hier als sittsames Mädchen vom Lande dargestellt.
Letzte Station des auch offiziell ausgeschilderten „Don Quijote Weges“, dessen Stationen ich heute abgefahren habe, ist Belmonte. Dieser Ort hat mit dem Roman eigentlich nichts zu tun, aber es gibt eine Burg, hoch über der Stadt gelegen, und vor deren Eingang werde ich die Nacht verbringen.
Castel Belmonte
33. Tag (Sonntag 29. September)
Die Nacht ist etwas unruhig, weil immer wieder Leute aus der Stadt hier hochfahren, den Motor oder das Radio laufen lassen und redend über die Mancha gucken.
Zum Ausgleich dafür bleibe ich etwas länger im Bett und besichtige als erste Amtshandlung die Burg. Das Innere besteht aus drei, im Dreieck zueinander stehenden, zweistöckigen Häusern.
Auf einer schönen, wenn auch arg verwitterten Holztreppe steigt man in den ersten Stock des einen Hauses und kann dann die an der Galerie liegenden Räume besichtigen.
Die Räume sind nicht möbliert und alles wirkt etwas renovierungsbedürftig. Manche Decken sind mit Balken abgestützt. Aber alle Räume sind zugänglich und man kann auf Entdeckungsreise gehen und sich auch mal ein bisschen verlaufen.
Viele Räume haben schöne Holzdecken oder Stuckornamente über den Türen und Fensternischen.
Ich entdecke in einem Seitengang auch das alte Burgklo. Dies ist ein Erker in der Außenwand mit zwei Löchern nach unten.
Aus dem verrosteten Wasserkasten einer eher neuzeitlichen Klosettspülung schließe ich, dass die Burg vielleicht noch bis in die Neuzeit hinein bewohnt war. Leider sind alle Informationstafeln auf Spanisch, so dass ich diese These nicht überprüfen kann. Aber bei dem Herumstreifen auf der Mauer und in den weiten Räumen komme ich mir schon fast wie ein kleiner Burgherr vor und richte im Geiste schon alles ein… Hier wurde 1961 der Hollywood Schinken „El Cid“ mit Sophia Loren und Charlton Heston gedreht.
Über Villarobledo und Munera geht es jetzt in Richtung Sierra de Alcaraz aus der flachen Mancha hinaus.
Hinter Munera wird es hügelig und die Sierra ist schon zu sehen. Landwirtschaft tritt jetzt auch in den Hintergrund und man fährt durch Wiesen mit vereinzelten Bäumen darin, die sicherlich auch als Viehweiden genutzt werden. Neben einem verfallenen Hof mache ich die Mittagspause.
Hinter Alcaraz fahre ich dann auf einer schmalen, kurvigen Straße in die Berge.
Einen Übernachtungsplatz finde ich in einem Hochtal vor Paterna del Madera.
Außer mir ist hier nur ein alter Mann mit seiner Schafherde. Irgendwann haben sich sine Tiere soweit durch das Tal gefressen, dass sie auch in meine Nähe kommen. Er grüßt mich freundlich und soviel ich von seiner Rede verstanden habe, findet er, dass ich einen schönen Platz gefunden habe und dass es hier sehr ruhig ist. Dann treibt er seine Schafe mit ein paar Rufen und Pfiffen in den Berghang und schlendert nach Hause.
Auf Schotterpisten nach Andalusien
34. Tag (Montag 30. September)
Weiter geht es in Richtung Siles. Hier erreiche ich den Naturpark „Sierras de Cazorla, Segura y Las Villas“. In diesem nördlichen Teil des Parks ist fast jeder Berg, mit Ausnahme der höheren, mit Olivenbäumen bepflanzt.
Als ich am Rand eines solchen Olivenhaines Mittagspause mache, sehe ich an verschiedenen Stellen Rohre mit Ventilen zur Bewässerung aus dem Boden ragen. Und während des Essens höre ich, wie in diesen Ventilen, anscheinend automatisch, das Wasser immer wieder an- und abgestellt wird.
Bald verschwinden die Olivenhaine und ich fahre durch Wald am Ufer des „Embalse de Tranco de Beas“ entlang. Hier wird der Guadalquivir schon kurz hinter der Quelle aufgestaut, einer der größten Flüsse Spaniens. Der Stausee ist allerdings auch längst nicht voll.
Nach einem Nickerchen und einer Tasse Kaffee neben der Ruine eines verlassenen Hauses fahre ich weiter und bald ist das Ende des Stausees erreicht. In der engen Schlucht des jungen Guadalquivir sind immer wieder Hotels oder geschlossene Campingplätze. Bald bietet sich die Alternative, den Park in Richtung Cazorla zu verlassen oder auf einer Schotterstraße in Richtung Süden weiter im Park zu bleiben. Ich entscheide mich natürlich für die letzte der beiden Möglichkeiten. Auf dieser Straße ist Tempo 30 schon Raserei, aber mir kommen immer wieder ganz normale Autos entgegen und wirkliche Schwierigkeiten bietet die Strecke nicht. Aber es sind verschiedene Dinge ausgeschildert, die mich reizen, so die Quelle des Guadalquivir und ein Aussichtspunkt mit Rastplatz. Vielleicht ist das der Übernachtungsplatz ?
Kurz vor der Quelle des Guadalquivir hält das vor mir fahrende Auto plötzlich mitten auf der Straße an. Als ich näherkomme, sehe ich einen Fuchs, der genau neben dem Auto auf der Straße sitzt und anscheinend gar nicht scheu ist. Der Fahrer macht ein Foto, sogar mit Blitz und das Tier erschrickt nicht.
Als ich näher komme, setzt er sich sogar auf die Hinterbeine. Auch ich kann mein Foto machen, habe aber Zweifel, ob mit diesem Fuchs alles in Ordnung ist. Der müsste normalerweise viel scheuer sein. Ob er Tollwut hat ? Jedenfalls bleibe ich im Auto sitzen und fahre weiter.
Bald ist die Quelle des Guadalquivir erreicht. In einer felsigen Schlucht steht ein wenig Wasser zwischen den Steinen. Aber dieser Eindruck deckt sich mit vielen der fast ausgetrockneten Flüsse, die ich bisher gesehen habe.
Aber in der Nähe ist ein grunzender Laut zu hören. Ob das ein Wildschwein ist ?
Das auch einmal Rehe auf der Straße stehen, ist bei so vielen Tieren kaum noch der Erwähnung wert…
Ich fahre weiter in Richtung des Aussichtspunktes mit Rastplatz. Da es schon nach 19 Uhr ist, wird es auch bald Zeit, einen Übernachtungsplatz zu finden. Nach ein paar Kilometern ist die Straße wegen eines Felssturzes gesperrt und eine steile Umleitung umgeht die verschüttete Kehre. Hier ist aber auch ein schöner Platz für die Nacht mit Aussicht in zwei Täler. Ich gehe zu Fuß noch die Umleitung ab und bin mir sicher, hier morgen durch zu kommen. Ich bin hier scheinbar das einzige menschliche Wesen, nur irgendwo kläfft ein Hund und während ich dies schreibe, heult der Wind ums Auto.
35. Tag (Dienstag 1. Oktober)
Die Umleitung ist abwärts kein Problem, allerdings hat der nächtliche Regen den Boden aufgeweicht, so dass ich mir nicht sicher bin, ob ich hier auch hinauf kommen würde. Aber das ist nicht nötig, denn bei Quesara bin ich wieder auf Teerstraßen unterwegs. Zwischen bizarren Felsen, durch enge Schluchten und an Olivenhainen vorbei geht es nach Pozo Alcon und dann weiter nach Baza. Hier ist das Land eher trocken, aber mitten in der größten Trockenheit liegt wieder ein Stausee, der Embalse de Negratin.
Am Nordrand der Serra de Los Filabres fahre ich jetzt nach Olula del Rio. Dies scheint so etwas wie das spanische Carrara zu sein: Überall Fabriken zur Verarbeitung von Marmor und auf der Straße immer wieder LKW, beladen mit schweren Blöcken. Als ich in südliche Richtung nach Tabernes abbiege, sehe ich auch bald die Steinbrüche. Es sieht ein bisschen so aus, wie in den Apuanischen Alpen Italiens, nur dass man hier mit den Touristen noch nichts anzufangen weiß.
Auf der Stellplatzsuche gerate ich auf den unbeschilderten Nebenstraßen immer wieder in die Steinbrüche und kurve dann zwischen riesigen Radladern mit ca. 1,50m hohen Rädern oder 60t LKW’s herum.
Aber außerhalb der Steinbrüche finde ich einen Platz inmitten terassierter Hänge unweit des Dorfes Tahal.
Die Kulissen für Paella-Western
36. Tag (Mittwoch 2. Oktober)
Weil es mal wieder regnet (laut Wetterbericht soll es „vereinzelt“ regnen), habe ich keine rechte Lust zum Aufstehen, mache mich dann aber doch auf den Weg in Richtung Tabernas. Nach dem Einkaufen in einem kleinen Tante-Emma-Laden, der hier „Rosalias Alimentacion“ heißt, entdecke ich außerhalb des Ortes „Texas Hollywood“ Das sind laut Reiseführer Filmkulissen für Spaghetti- bzw. Paella-Western.
An der Kasse werde ich zuerst um sagenhafte 10,50€ erleichtert. Ich hätte den Kassierer gern gefragt, ob man hier auch nach Gold suchen und die Nuggets behalten darf. Er drückt mir aber ein deutschsprachiges Heftchen in die Hand: „Besuchen Sie den Drehort von ‚Der Schuh des Manitou'“.
Diese Klamotte wurde also hier gedreht.
In Gehegen werden ein paar Tiere gehalten: Bisons, Dromedare und Wildschweine.
Was die letzteren mit einem Western zu tun haben, ist mir nicht ganz klar und die vielleicht 4-5 Bisons geben auch noch keine riesige wandernde Büffelherde ab, deren Staub den Himmel verdunkelt und den Boden des Kinos vibrieren lässt, wie in „Der mit dem Wolf tanzt“.
Dann sind zwei Straßenzüge einer US-Westernstadt aufgebaut und gleich daneben ein mexikanisches Dorf.
Vor allem das „Sheriffs Office“ mit Gefängnis sieht ungemein solide aus, aber wenn man die gemauerten Wände anfasst, ist es Leinwand mit Verputz darauf.
Und viele der Holzhäuser in der amerikanischen Stadt stehen nur als Fassade.
Durch manche offene Tür kann man in die steppenartige Landschaft der Sierra de Alhamillas blicken.
Nach dem ich noch das „Fort Bravo“ besichtigt habe, wende ich mich dann auch dieser Gegend zu.
Das soll meines Wissens die erste und hoffentlich einzige Wüste auf europäischem Boden sein. Verglichen mit den „Bardenas Reales“ (siehe 10. Tag) scheint es mir hier aber recht fruchtbar zu sein.
Bei Lucainena de las Torres lockt mich ein Schild „Hornos de la Fundicion“ zu einer Reihe seltsamer Turmruinen an einem Berghang. Es sind insgesamt 8 runde Steinzylinder, ca. 5-6m hoch und innen hohl, die dicht nebeneinander in einer Reihe hier stehen.
Im rechten Winkel dazu stehen vier Pfeiler, die aussehen, als hätten sie früher eine Brücke getragen. Diese Brücke hätte dann aber sensationell lang sein müssen, denn der gegenüberliegende Hang ist ein paar Kilometer entfernt, also wird es wohl eher eine Rampe gewesen sein.
Da auch eine Menge scheinbar eisenhaltiges Gestein herumliegt, vermute ich, dass dies die Ruinen von Hochöfen sind, die über die Rampe beschickt wurden. Als Wehranlage erscheint mir der Bau eher sinnlos. Aber an den Türmen sind keine Spuren des Feuers zu sehen, das darin gebrannt haben muss, wenn es Hochöfen waren und weitere Informationen sind nirgends zu finden.
Etwas ratlos fahre ich noch ein kurzes Stück und richte mich dann an einer Kehre der schwach befahrenen Straße nach Turrillas häuslich ein.
Geländeübung in der Sierra de Alhamilla
37. Tag (Donnerstag 3.10.02)
In Turrillas sieht mir ein alter Mann sehr interessiert dabei zu, wie ich zunächst geradeaus weiterfahre, dann feststellen muss, dass es hier nicht weitergeht und mich rückwärts wieder aus der Gasse hinauswinde. Als ich ihn dann fragend ansehe und in die möglichen Richtungen weise, um von ihm einen Hinweis zu erhalten, zieht er höflich seine Mütze, gibt aber sein Wissen über den richtigen Weg nicht preis.
Aber der Ort ist nicht groß und so bin ich bald auf einer schmalen Straße zu einer Radarstation auf einem nahen Berggipfel unterwegs. Von hier oben kann man auch weiter südlich in die Sierra hineinblicken. Hier sind große, glänzende Flächen zu erkennen: Das sind mit Planen abgedeckte Felder, Ausläufer der „Plastikküste“ in der Provinz Almeria. darunter wächst Obst und gemüse für die EU.
Ein Schild weist nach Tabernas und da diese Straße gemäß meiner Karte als einzige direkt durch die Sierra führt, nehme ich diese Strecke. Bald ist es ein ausgewaschener Sandweg, aber es ist trocken und nicht allzu steil. Auch ist immer noch ein Weg an den ausgewaschenen Stellen vorbei zu finden.
Da aber jede etwas zu schnell angegangene Bodenwelle das Auto stark schwanken lässt, bin ich bald im ersten Gang unterwegs. Meist ist man im Wald, aber der Blick schweift weit über die Landschaft nördlich der Sierra de Alhamilla.
Dort sieht es stellenweise schon eher wüstenartig aus. Nach einer guten Stunde Schaukelei erreiche ich eine weitere Radarstation und hier wird aus dem ausgewaschenen Sandweg eine löcherige, zerfurchte Teerstraße, auf der ich auch nicht schneller vorankomme. Bald geht es in Serpentinen abwärts am Nordrand der Sierra entlang, noch immer mit großartiger Aussicht auf ein weites Land.
Am Ende der Straße liegt noch ein Westernstädtchen, diesmal sogar mit Indianerdorf, aber mein Bedarf ist gestillt und so fahre ich bald ein kurzes Stück auf der nahen Autovia in Richtung Granada.
Weil auch hier die Wirklichkeit nicht ganz mit der Karte übereinstimmt, suche ich etwas herum, habe aber bald eine Landstraße in Richtung der Alpujarras gefunden, und so geht es am Südrand der Sierra Nevada durch ein weites, fruchtbares Tal.
Hinter Canjayar biege ich ab in die Berge in Richtung Ohanes und richte mich neben der schwach befahrenen Straße für die Nacht ein.
Durch die Alpujarras
38.-40. Tag (Freitag 4. Oktober – Sonntag 6. Oktober)
Ich fahre nur bis zum nächsten Ort, Fondon, um hier auf dem Camping Municipal eine Pause einzulegen. Dieser Platz ist mit 6,60€ pro Nacht inklusive Strom sensationell billig. Ich stehe unter großen Bäumen, die aber noch genug Sonne durchlassen.
Am Samstag esse ich im Restaurant des Campingplatzes einen Alpujarras-Grillteller. Da gibt es gegrilltes Schweinefleisch, eine scharfe Wurst und eine kleine Blutwurst, Pommes Frites, sowie eine leere, große, grüne Pfefferschote als Gemüse. Zuvor noch einen reichlichen Salat, dazu ein Wasser und zur Beruhigung des vollen Magens ein vom Kellner empfohlenes Tonic Water. Das alles für 13,20€. Bei solchen Preisen geht man doch gerne essen, wenn es dann auch noch so gut schmeckt wie hier. Gegen 14 Uhr füllt sich das Lokal auch und beileibe nicht nur mit Campinggästen.
Auch am Sonntag habe ich noch keine Lust zum Weiterfahren, also wird ein bißchen Hausputz gemacht und an diesem Text gefeilt.
Das Wetter ist hier Anfang Oktober noch so gut, dass man auch bei bedecktem Himmel draußen sitzen kann. Mein spanischer Nachbar sitzt vor dem Wohnwagen und sieht Autorennen im Fernsehen.
Das einzige, was mich beim Draußensitzen stört, sind unzählige Fliegen, die ständig um einen herumschwirren. Selten sind weniger als ein halbes Dutzend um mich und das ist längst nicht nur hier so. Schon in den Pyrenäen habe ich einmal den Mittagstisch fluchtartig ins Auto verlegt, als sich mindestens 20 Fliegen immer wieder um meinen Teller versammelt hatten.
Und sie kommen leider immer einmal öfter zurück, als man sie wegscheuchen kann.
41. Tag (Monag 7. Oktober)
Nach einer kleinen körperlichen Ertüchtigung, denn auch an diesem Platz will das Abwasser mangels Bodeneinlass getragen werden, breche ich auf, um tiefer in die Alpujarras vorzustoßen. Zwei Straßen erschließen diese Gegend: Eine verläuft mehr in den Bergen und die andere im Tal und beide kann man zu einem Rundweg verbinden. Ich fahre also über Laujar und Trevelez zunächst in die Berge. Trevelez ist Spaniens höchstgelegenes Dorf und es riecht hier so verführerisch nach luftgetrocknetem Schinken, dass nur ein geborener Vegetarier nicht schwach werden könnte. Aber alle „Jamon“-Läden haben wegen Siesta geschlossen.
Während ich durch den Ort fahre, springt hinter einer Kurve plötzlich ein recht großer Hund, scheinbar in Selbstmordabsicht, genau vors Auto. Ich kann noch bremsen, aber als das Auto steht, ist der Hund nicht zu sehen. Doch plötzlich rennt er auf die andere Straßenseite und sieht mich irgendwie vorwurfsvoll an. Froh, den „Perro“ nicht verletzt zu haben, fahre ich weiter.
Trevelez liegt in einem Seitental der Alpujarras und klebt, wie die meisten der, zumindest aus der Ferne, schneeweißen Dörfer hier direkt am Hang.
Von der Straße hat man immer wieder einen weiten Blick in das Haupttal. Diese Aussicht kann ein Foto nur sehr unvollkommen wiedergeben, aber ich halte doch immer wieder an, um Bilder zu machen.
Dabei treffe ich auch auf zwei Schweizerinnen, die mit dem Mietauto unterwegs sind. Allgemein wird die Touristendichte etwas höher und immer wieder sind auch Reisebusse anzutreffen.
Die Orte Bubion und Capileira werden mir vom Reiseführer besonders ans Herz gelegt. Beide liegen an der Straße zum Pico Veleta, der höchsten Passstraße Europas. Laut meiner Karte ist diese jedoch zwischen Capileira und dem Gipfel gesperrt, so dass man zum Veleta nur von Granada aus kommen kann.
Bubion stellt sich schon selbst als „Villa Turistica“ vor, aber es gibt einen Parkplatz und so mache ich einen kleinen Rundgang. Bald finde ich mich auf einem Pfad in den Bergen wieder, von wo es immer wieder schöne Ausblicke gibt. Aber ich habe nicht die richtigen Schuhe an, es wird bald Abend und ich weiß nicht, wo dieser Weg hinführt, also drehe ich nach einer halben Stunde wieder um.
Jetzt noch ein kleiner Bummel durch den Ort und es geht weiter nach Capileira. Hier will ich soweit fahren, bis die Straße tatsächlich gesperrt ist, oder bis ich einen schönen Platz gefunden habe.
Hinter dem Ort weist auch ein Schild die Straße als Sackgasse aus, aber es geht noch einige Kilometer weiter. Zunächst auf Teer, dann auf Schotter. Den Schlagbaum, der die Straße sperrt, finde ich nicht, aber einen schönen Schlafplatz neben ein paar Holzstapeln.
Beim Abendessen scheint die Sonne und danach ist ein wunderbarer Sonnenuntergang zu sehen.
Hin und wieder kommen auch Autos von oben herunter, also scheint dort noch etwas zu sein. Aber das zu Erkunden ist eine Aufgabe für morgen.
42. Tag (Dienstag 8. Oktober)
Kaum einen Kilometer weiter steht tatsächlich ein Schlagbaum mit einem Parkplatz davor. Von hier könnte ich in die Sierra Nevada hineinwandern, aber es sieht sehr nach Regen aus, so daß ich bald wieder umdrehe.
Tatsächlich regnet es, während ich durch die Berge am Südrand der Alpujarras fahre.
An den Hängen sind die noch von den Mauren angelegten Terassen zu sehen. Die meisten werden aber nicht mehr genutzt und verfallen langsam.
Auf der Straße sieht man immer wieder alte Männer mit schwer beladenen Pferden, Eseln oder Maultieren.
Bei Mecina de Bombaron erreiche ich wieder die Straße, auf der ich schon gestern unterwegs war. Hier wachsen großblättrige Kakteen mit roten Früchten daran.
Bald geht die Fahrt in Richtung Norden durch die Sierra Nevada und über den 1990m hohen Puerto de la Ragua. Die Straße führt in meist sanften Kurven stetig bergauf und ebenso an der anderen Seite wieder herunter. Auf der anderen Seite der Berge sind einige Lücken in den Wolken und es hat aufgehört zu tröpfeln. Wieder tut sich ein weiter Blick über das Land auf.
In der Ebene ist die Burg von Lacalahorra eine unübersehbare Landmarke. Aber die Straße dorthin ist schon im Ort so schlecht, dass ich auf den Besuch verzichte.
Über eine weite Ebene geht es jetzt in Richtung Guadix. Kurz vor der Stadt senkt sich das Land und überall stehen zerklüftete, aber recht niedrige Berge. Hinter Guadix richte ich mich am Ortsrand von Cortes y Granea für die Nacht ein. Bei einem Erkundungsgang entdecke ich auch hier die für die Gegend typischen Höhlenwohnungen. Diese sind auf den ersten Blick vor allem daran zu erkennen, das plötzlich ein Schornstein aus dem Boden ragt. Wahrscheinlich ist das Gestein der umgebenden Berge so weich, dass hier die Höhlen mit wenig Aufwand gegraben werden können. Dann noch eine Fassade vor den Höhleneingang setzen und fertig ist das Haus.
(c) Henning Schünke