Polen 2006
Inhaltsverzeichnis
- In Pommern Opas Bahnhof suchen
- An die Ostsee zur Düne von Leba
- Halbinsel Hela
- Die Marienburg
- Gasflasche kaufen
- Oberländer Kanal
- Frombork / Frauenburg
- Ein festgefahrener LKW und die „Wolfsschanze“
- Nikolaiken in den Masuren
- Der Staatsmacht zuliebe nach Augustow
- Bialowieza Nationalpark
- Weiter nach Südost-Polen
- Durch den Magurski-Park nach Zakopane
- Durch die Beskiden
- Durch Schlesien zur Schneekoppe
In Pommern Opas Bahnhof suchen
19.5. bis 21.5. Tag 1 bis 3
Nach einer Übernachtung in der Fränkischen Alb und einer Nacht im Wald bei Luckau (Kreis Dahme-Spreewald) überquere ich bei Forst am Sonntag, dem 21.5. gegen Mittag die polnische Grenze.
Die zuerst vierspurige Straße ist eher schlecht, unregelmäßige Querfugen sorgen für ziemliche Unruhe. Bald werden aus vier Spuren zwei, die im Wechsel an Baustellen vorbeigeführt werden. Außerdem geht es hier in Richtung Wrozlaw (Breslau) und ich will zuerst in Richtung Norden. Ich biege also links ab und fahre auf kleinen Straßen über die Dörfer, vorbei an Zary, Lubsko und später Krosno Odrzanskie.
Die Nebenstraßen sind auch recht holprig, aber hier ist der Verkehr geringer. Die Hauptachsen führen alle von West nach Ost, so dass ich nur auf Nebenstraßen Richtung Norden vorankomme. In den kleinen Städten sehe ich, wie in Frankreich, Reklametafeln von Intermarche. Die Dörfer sehen oft noch aus, wie sie schon vor dem Krieg ausgesehen haben müssen. Man muss sich nur die Autos, ein paar Plattenbauten und die Satellitenschüsseln wegdenken. Die Straße ist manchmal nur eineinhalbspurig und hat dann einen Sommerweg, auf den bei Gegenverkehr ausgewichen wird.
Aber die Landschaft ist schön: Es geht durch Wald aus Fichten, Kiefern und Birken, mal über einen kleinen Fluss und einen Kanal und bei Krosno O. auch über die Oder (Odra).
Vor Sulecin finde ich einen Parkplatz im Wald.
Eine Menge Leute sind per Fahrrad unterwegs. Einer davon, ein älterer Mann, kommt zum Auto, als er mich bemerkt. Er erzählt mir, dass seine Mutter Deutsch konnte, aber dann hören seine Kenntnisse der deutschen Sprache auf und der Rest seines Redeschwalls ergießt sich auf Polnisch über mich. Ich verstehe kein Wort, lächle aber und nicke, also redet er weiter. Anscheinend versteht er sehr viel besser Deutsch als er es sprechen kann. Nach einigem Gelächter und nach dem wir uns gegenseitig eine Gute Nacht gewünscht haben, radelt er wieder weiter.
Montag 22.5.05, 4. Tag
Die Nacht ist ruhig und am nächsten Morgen geht’s weiter. In Sulecin ein erster Einkauf bei Plus. Alles recht billig hier. Ich zahle gut 7 Euro für 6 Fl. Wasser, ein Glas Nutella, 3 Holzschälchen für Kekse, ein paar Kartoffeln, 1kg Zwiebeln und 4 Becher Joghurt.
Diesel (poln. ON) kostet zwischen 3,75 und 3,99 Zloty, ca 1 Euro.
Westlich geht es an Gorzow Wielkopolski (Landsberg) vorbei.
Ich will in Pommern den Ort Wielawino, das frühere Flackenheide finden. Hier war mein Opa bis 1940 Vorsteher des kleinen Bahnhofs und mein Vater hat hier seine ersten zehn Jahre verbracht.
Auf meiner Karte habe ich den Ort nicht gefunden, aber es muss irgendwo in der Gegend Belgard, heute Bialogard, und Kolberg, heute Kolobrzeg liegen. Dazu muss der Ort an einer Bahnstrecke liegen. Da ich glaube, meine Karte ist zu gross (1:700.000) nehme ich an, dass der Ort gar nicht verzeichnet ist und will auf gut Glück ein paar Orte an Bahnlinien abfahren.
Über Barlinek, Choszczno, Drawsko Pomorske und Lobez geht es zunächst zur Bahnlinie Starogard – Ploty. Vielleicht taucht Wielawino ja als kleines Dorf vor mir auf. Die Bahnlinie ist stillgelegt und meterhoch verkrautet. Ich beschließe, an einer Tankstelle nach einer Karte der Region in einem kleineren Maßstab zu fragen. In Resko finde ich eine Tankstelle mit Laden, aber er hat nur eine 1:750.000 Karte. Der Tankwart versteht etwas Deutsch und fragt nach dem Ort. Und tatsächlich, Wielawino kann er auf seiner Karte mit Ortsregister finden. Und auch auf meiner Karte ist es verzeichnet und liegt auch an einer Bahnlinie, nordwestlich von Szczecinek (Neustettin).
Ich bin also in die falsche Richtung unterwegs und fahre zurück Richtung Swidwin. Hier biege ich dann auf Grund mangelhaften Kartenstudiums und meiner Unfähigkeit, polnische Ortsnamen länger als ein paar Sekunden zu behalten, Richtung Kolberg ab.
An der Straße finde ich bald einen Parkplatz am Wald für die Nacht.
Dienstag, 23.5.06 – 5. Tag
Nach einer ruhigen Nacht fahre ich zurück nach Swidwin und dann östlich nach Wielawino. Der Ort ist klein, vielleicht ein paar hundert Einwohner. Auch den Bahnhof finde ich sofort. Die Strecke ist allerdings stillgelegt. Gleise liegen noch, sind aber stark verkrautet.
Das Haus wird von einer Familie bewohnt. Den Sohn treffe ich zuerst, aber auf meine Fragen ob er Deutsch oder Englisch spricht, antwortet er nur „Nie“ (Nein) und verschwindet im Haus. Als ich mich dem ehemaligen Bahnhof über die Gleise nähere, treffe ich den Vater bei der Gartenarbeit. Er ist gesprächiger, kann aber auch nur polnisch, hat aber nichts dagegen, dass ich Bilder mache. Ich weiß nicht, ob er verstanden hat, dass mein Opa auf seinem Bahnhof bis 1940 Chef war.
So sieht die Umgebung aus:
Mein Reiseführer spricht von Resten des „Pommernwalls“ bei Walcz, wohin ich über Sczeczinek (Neustettin) fahre. Dort kann ich aber im Verkehrsgewühl keinen Hinweis entdecken und will jetzt auch zur Küste, also noch eine Schleife auf den recht ordentlichen Fernstraßen (auf meiner Karte rot), einmal bei BP teuren Sprit getankt und dann bei Chojnice abbiegen in Richtung Norden. An der Straße 212 finde ich bald einen Platz im Wald für die Nacht.
An die Ostsee zur Düne von Leba
Mittwoch, 24.5.06 – 6. Tag
Auf der Straße 212 geht es Richtung Norden zur Küste. In Leba bin ich am frühen Nachmittag und habe bald den Campingplatz „Morski21“ gefunden. Von hier aus will ich die Dünen erkunden. Auf dem Platz stehen ein paar Deutsche Wohnmobile, sonst ist es ziemlich leer.
Donnerstag, 25.5.06 – 7. Tag
Nach dem Mittagessen radele ich los. Am Ende der Straße zum Park muss man Eintritt bezahlen (4 Zloty) und kann dann auf einer Betonstraße durch den Wald weiterfahren. Diese Straße führt zu einem Raketenversuchsgelände. Hier hat die Firma Rheinmetall während des Krieges Flugabwehr- und andere Raketen erprobt (Rheinbote und Rheintochter). Für das Museum sind nochmal 6 Zloty fällig, aber jetzt bin ich schon mal da…
Viel zu sehen gibt es nicht. Die Wehrmacht hat alles gesprengt im März 1945 und was dann noch brauchbar war, werden die Russen weggeschafft haben. Authentisch sind ein paar rostige Raketenteile und ein Beobachtungsbunker. Alles andere sind Beschreibungen von dem was zu sehen wäre.
Weiter geht es durch den Wald bis rechts die Bäume im Sand der Düne verschwinden.
Da auch der Weg jetzt durch weichen Sand führt, hat ein findiger Pole gleich einen Fahrradparkplatz eingerichtet (2 Zloty pro Ständer). Zurzeit sind aber wohl nicht genug radelnde Touristen da, so dass die „Kasa“ unbesetzt ist.
Zu Fuß geht’s jetzt durch die Dünen…
…bis ans Meer
Ich laufe ein Stück am Strand entlang. Da ich aber jeden Meter, den ich an der Wasserlinie auf relativ festem Boden zurücklege später auf dem Rückweg durch die Dünen mühsam durch weichen Sand erarbeiten muss, kehre ich bald um und gehe denselben Weg zurück. Allerdings sind zwei Wege durch die Dünen markiert und für den Rückweg nehme ich den anderen. Der endet allerdings am Waldrand…
…also quer durch den Sand zurück. Hier hat laut meinem Reiseführer das Afrikakorps für die Sahara geübt.
Heute tobt hier eine polnische Schulklasse im Sand.
Jetzt noch den Sand aus den Schuhen schütten und dann geht’s wieder zurück. An der Strasse finde ich noch den alten Friedhof von Rabka.
Halbinsel Hela
Freitag, 26.5.06 – 8. Tag
Nachdem der Wasserhaushalt meines rollenden Zuhauses wieder in Ordnung ist, breche ich auf in Richtung der Halbinsel Hela. Der über 30 Kilometer lange Streifen Land ist doch breiter als es auf der Karte aussieht. Das Wasser sieht man nur am Anfang auf der rechten Seite. Links ist eine Bahnlinie und dahinter Wald. Auch Platz für einige Orte findet sich. In Hel an der Spitze der Landzunge fahre ich auf einen bewachten Parkplatz am Ortsrand. Der Parkwächter gibt noch ein paar Tipps und dann geht’s los. Zuerst komme ich ins „Centrum“, das ist eine Straße mit einigen Fischrestaurants und einer Menge Buden, in denen aller denkbare Kitsch verkauft wird. Der Weg führt weiter durch die alte Garnison von Hel zur Spitze der Halbinsel.
Von hier laufe ich durch den Fischereihafen zurück….
…am Bahnhof vorbei (wo gerade ein Nahverkehrszug nach Danzig abgefertigt wird) ins Zentrum.
Ich finde einen Geldautomaten, bezahle den netten Parkwächter (5Sl. die Stunde) und fahre zurück. Auf der dem Festland zugewandten Seite finde ich bald einen Parkplatz der sich gut zur Übernachtung eignet.
Es ist aber recht kühl, so dass meine Haupt-Gasflasche jetzt leer ist. Da wird dann bald Ersatz gebraucht.
Samstag, 27.5.06 – 9. Tag
Über Puck und Reda geht es weiter. Vor Reda sichte ich einen Intermarche und kaufe erst mal fleißig ein. Auch hier wieder sehr billig, so dass es auch etwas mehr wird. Vorräte für die nächsten Tage und hier gibt es ordentliches Werkzeug für zum Teil weniger als einen Euro, so dass ich kräftig zuschlage.
Die Lotos-Tankstelle nebenan bietet auch Gas, aber sie verkaufen mir nur Flaschen, die in Deutschland nicht akzeptiert werden. Meine leere Flasche wollen sie nicht und befüllen wollen sie diese auch nicht.
Auch bei einer Firma in der Nachbarschaft, an die mich der englisch sprechende Tankwart verweist genau dasselbe. Naja, noch ist was drin in der Reserveflasche, außerdem ist Wochenende. Das wird am Montag sicherlich einfacher sein.
Die Straße bis hierher war ziemlich voll und eine Baustelle reiht sich an die andere. Ich könnte Gdingen und Danzig auf einer vierspurigen Straße umfahren, aber auch dazu habe ich keine Lust. So schlage ich lieber einen weiten Bogen westlich um das Ballungsgebiet herum. Hier sind die Straßen teilweise wieder sehr schlecht, was längst nicht überall der Fall ist, aber dafür leer. In der Nähe der Straße nach Tczew, auf der es morgen weiter geht in Richtung Marienburg finde ich einen Platz zwischen Wäldern und Feldern.
Die Marienburg
Sonntag, 28.5.06 – 10. Tag
Heute steht die Marienburg auf dem Programm. Bei Tczew überquere ich die Weichel. Jetzt ist die Gegend topfeben. Die bewaldeten Hügel, zwischen denen ich die letzten Tage herumgefahren bin, sind verschwunden.
Ich kaufe noch kurz bei Lidl ein (immerhin am Sontagmittag) und fahre dann bis Malbork. Hier finde ich einen Parkplatz am Nogat-Ufer gegenüber der größten Burg Europas.
Für 25 Zloty erwerbe ich vom deutsch sprechenden Parkwächter vier Stunden Parkzeit und nach dem Mittagessen geht es hinüber zur Burg.
Für 30 Zloty komme ich hinein. Für das fünffache hätte ich bei Voranmeldung eine deutschsprachige Führung haben können, aber vielleicht kann ich ja bei den Gruppen ein bisschen lauschen. Mit einer deutschen Reisegruppe geht es hinein, aber die werden im Burghof erst mal umständlich zum Gruppenfoto aufgestellt, da ist also nichts mit Lauschen.
Also allein loslaufen. Zuerst finde ich den Ofen zur Beheizung des Remter.
Dann komme ich in ein paar Säle, die zum Teil ausgemalt sind aber keine Möbel enthalten.
Eine der Aufsichtführenden Damen versucht mir zu erklären, dass Fotografieren nicht erlaubt wäre. Aber da hier jeder fotografiert und die Aufsicht nicht in jedem Raum ist, kümmert mich das nicht so sehr.
Im zweiten Burghof steht dann noch der Brunnen. Hier komme ich nur in Räume im Untergeschoss. Da gibt es ein paar Ausstellungen zur Geschichte der Burg und der Gegend.
Es gibt noch viele Räume, für die ich noch nicht mal den Zugang gefunden habe. Mit einer Führung bekommt man sicherlich wesentlich mehr zu sehen, aber was nützt mir das auf Polnisch. Und so eine Führung dauert immerhin drei Stunden. Also verlasse ich die Burg und gehe noch einmal außen darum herum. Einige wenige Teile im Norden und im Süden der Anlage sind noch zerstört.
Aber wenn man bedenkt, wie es hier nach dem Krieg ausgesehen haben muss – immerhin hatte die Wehrmacht die Burg zur Festung erklärt und entsprechend verteidigt – ist das was jetzt wieder steht eine ungeheure Aufbauleistung.
Ich erwerbe noch einen Wandteller und einen Pin für die „Kitschecke“ im Auto und gehe wieder zum Parkplatz.
Jetzt will ich zur Frischen Nehrung, möglichst weit in Richtung Grenze zum Kaliningrader Oblast.
Weil eine Brücke gesperrt ist, geht es auf einer Umleitung auf recht holpriger Straße bis Sztutowo, hier dann auf der Nehrung bis Krynica Morska und weiter bis Piaski, dem letzten polnischen Dorf vor der Grenze. Hier endet auch die Straße. Ich habe vor Piaski mehrere Parkplätze im Wald gesehen und fahre zum letzten davon wieder zurück um mich dort für die Nacht einzurichten.
Bei einem Spaziergang will ich versuchen die offene Ostsee zu erreichen. Das gelingt nicht, aber ich sehe mehrfach Wildschweine vor mir über den Weg huschen, leider immer zu schnell für ein Foto
Gasflasche kaufen
Montag, 29.5.06 – 11. Tag
Heute will ich mich um Ersatz für die leere Gasflasche kümmern. Zunächst muss ich aber beim Tanken das meiste Bargeld hinblättern, weil die kleine Tankstelle in Krynica Morska keine Kreditkarten akzeptiert. Weil mehrere Straßen gesperrt sind, fahre ich zurück nach Malbork um hier einen Geldautomaten zu finden. Ich habe Glück, direkt am Parkplatz an der Straße nach Grudziadz ist eine Bank mit Geldautomat. Dann noch eine Runde um den Block, bei der ich aber nichts weiter entdecke. Jetzt fahre ich in Richtung Elblag heraus aus der Stadt und frage an der ersten Lotos-Tankstelle auf der linken Seite, ob man hier eventuell meine graue Flasche auftankt. Nein, das geht nicht und sie haben auch nur polnische Gasflaschen. Aber sie erzählen mir von der Stadt Sztum, südlich von Malbork, wo ich Gas bekommen soll.
Nach einer ziemlich langen Fahrt für die wenigen Kilometer (Stau und Baustelle) finde ich in Sztum eine Gas-Handlung. Aber auch hier hat man keine passende Tauschflasche und kann oder will auch meine graue Flasche nicht auftanken. Aber der Mann erzählt mir von einer Firma in einem Ort nördlich von Malbork, wo es das richtige Gas für mich geben soll. Also wieder zurück, durch Malbork hindurch und zum zweiten Mal heute an der Marienburg vorbei. Ich glaube zu wissen, welchen Betrieb er meint, denn schon am Sonntag war mir ein solcher Laden aufgefallen.
Der Tankwart spricht nur polnisch und auch er hat nur polnische Flaschen in seinem Regal und tankt meine auch nicht auf. Dann murmelt er etwas, verschwindet kurz und kommt mit einer roten PrimaGas Flasche zurück. Meine leere graue Flasche behält er da. Die neue Flasche passt und scheint auch voll zu sein. Dann muss ich eben in Deutschland zu PrimaGas um die wieder loszuwerden. Aber ich will sowieso Tankflaschen haben. Die soll man angeblich an jeder Gastankstelle betanken können. Solche gibt es in Polen fast überall und auch im übrigen Europa sind sie nicht gerade selten.
In Kamieniec steht die Ruine des Schlosses Finckenstein. Das Schloss wurde 1945 in Brand gesteckt und dann nie wieder aufgebaut. Ort und Schloss habe ich bald gefunden.
Aber es ist alles abgesperrt, so dass ich zu einem Waldparkplatz vor Kamieniec zurückfahre.
Oberländer Kanal
Dienstag, 30.5.06 – 12. Tag
Heute will ich zum Oberland-Kanal, dem heutigen Elblag-Kanal. Hier gibt es die „Schiefen Ebenen“ auf denen die Schiffe mit Wasserkraft angetrieben über eine Rampe gezogen werden. Eine solche Ebene liegt bei dem kleinen Dorf Buczyniec (Buchwalde) und mein WoMo-Reiseführer beschreibt, wie man dort hin findet.
Auch ich finde den Platz bald und komme gerade zu Recht, um zu sehen, wie ein bergwärts fahrendes Schiff aus dem Transportwagen wieder heraus schwimmt. Aber es geht weiter, denn um die Mittagszeit ist hier Hochbetrieb. Wieder will ein Schiff bergauf fahren. Es fährt unten in den Transportwagen hinein…
…der Bootsführer betätigt einen Gong am Transportwagen und das ist das Zeichen für den Maschinisten. Der Transportwagen wird an dem umlaufenden Seil hinaufgezogen. Diese Schiefe Ebene ist etwa 500m lang und bewältigt einen Höhenunterschied von 21,5m.
Das Schiff ist inzwischen ein Stück weiter hinauf gekommen und begegnet dem talwärts fahrenden Transportwagen.
Oben angekommen schwimmt es wieder auf, der Diesel wird angelassen und es fährt aus eigener Kraft weiter.
Auf einer Strecke von 9,6km gibt es hier fünf solcher schiefen Ebenen.
Jede ist ungefähr 500m lang und überwindet ca. 20m Höhenunterschied. Das alles wurde vor 150 Jahren gebaut, wird noch heute mit Wasserkraft angetrieben und scheint zuverlässig zu funktionieren. Ursprünglich wurde der Kanal für den Gütertransport gebaut, aber mit der Eisenbahn hat er an Bedeutung verloren, wird aber schon seit 1912 touristisch benutzt.
Gegen 14 Uhr lässt hier der Betrieb etwas nach. Ich habe inzwischen entschieden hier zu bleiben. Auf einem umzäunten Platz kann ich über Nacht bleiben und habe sogar Strom.
Eine Reisegruppe kommt als ich gerade das Gelände erkunden will. Der Reiseleiter verkündet lautstark, dass er das Angebot eines Schiffsführers habe, dass jeder für 25 Zloty einmal hinunter und wieder hinauffahren kann. Ich darf auch mit, also gehe ich an Bord. Es geht alles in recht beschaulichem Tempo, die Wagen bewegen sich etwa in Schrittgeschwindigkeit und nach einer halben Stunde bin ich wieder oben. Unterwegs erzählt der Schiffsführer vom Wasserrad, das die ganze Technik antreibt. Es ist 6m breit, hat 8m Durchmesser mit 60 Schaufeln und jede Schaufel fasst eine Tonne Wasser. Das Maschinenhaus duckt sich auf der anderen Seite des Kanals. Auf einer Brücke ein kleines Stück weiter komme ich hinüber und anstandslos auch hinein. Der Maschinist ist gerade selbst hineingegangen um ein Schiff hoch zu ziehen. Jetzt erst sehe ich, dass an der Tür was von Ticket steht. Aber den Maschinisten interessiert nicht, ob ich ein Ticket habe.
Das große Wasserrad ist gleich nebenan.
Es wird aus dem Kanal gespeist, so wie die Antriebe aller fünf Schiefen Ebenen. Anscheinend sind genug natürliche Zuflüsse vorhanden, damit das Wasser nicht ausgeht.
Frombork / Frauenburg
Mittwoch, 31.5.06 – 13. Tag
Heute will ich nach Frombork (Frauenburg) und da auf einen Campingplatz. Ausgeschildert ist keiner. Also fahre ich erst mal in den Ort. Einkaufen muss ich auch, denn beim letzten Einkauf wusste ich nicht, dass Milch auf Polnisch Mlek heißt und habe mal wieder irgendein saures, dickes Zeug gekauft, das sich zum Kakao anrühren nicht besonders eignet.
Aber vielleicht schmeckt es ja mit Honig verrührt. Im Laden hier haben sie nur H-Milch aber immerhin Honig. Direkt gegenüber steht der Domhügel. Große Lust auf Besichtigung habe ich eigentlich nicht, aber wenn man schon mal da ist…
An der obligaten Kasa erwerbe ich ein Ticket für die riesige Kathedrale und stehe bald vor einer vergitterten Tür an der sich niemand für mein Ticket interessiert. Was ich hier sehen kann, hätte ich auch ohne Ticket gesehen. Aber der Eingang für den ich bezahlt habe ist versteckt an der Seite.
Auf dem Parkplatz sind die Besitzer eines anderen Wohnmobils jetzt auch angekommen und wir reden ein bisschen. Sie erzählen mir vom hiesigen Campingplatz und das es dort wegen Baumaßnahmen wohl nicht so toll wäre. Aber einen anderen Platz gibt es nicht. Naja, egal. Ich fahre jedenfalls hin. Vor der Einfahrt eine Baugrube und an der Rezeption benimmt sich der Chef ziemlich seltsam. Er murmelt irgendwas, springt in sein Auto und saust davon. Aber ein junger Mann winkt mich auf den Platz. Strom gibt’s allerdings noch nicht, sie hatten eine Havarie. Strom gibt’s in einer Stunde. Ich sage ihm, dass ich wieder fahren würde, wenn es keinen Strom gibt. Aber ich kann ja schon mal das volle Klo ausgießen. Das geht aber auch nur in einen Kanaldeckel, der extra geöffnet wird, denn das Sanitärgebäude wird gerade renoviert.
Inzwischen kommen noch zwei andere Wohnmobile. Der eine vermutet einen Zusammenhang zwischen der Baustelle vor der Tür und dem Stromausfall, denn die Tankstelle nebenan hatte auch keinen Strom als er tanken wollte. Gerade als ich nach dem Chef sehen will, ist die Baugrube wieder zu und die Alarmanlage der Tankstelle geht los. Auch an meinem Stellplatz gibt es wieder Strom.
Donnerstag, 1.6.06 – 14. Tag
Ein fauler Tag auf dem Campingplatz in Frombork über den es nichts zu berichten gibt.
Freitag, 2.6.06 – 15. Tag
Nach Ver- und Entsorgung mache ich mich auf den Weg, erst mal zurück nach Frombork. Ich will noch auf den Turm des Domhügels. Und ein Museum gibt es auch noch. Im Turm hängt ein Foucaultsches Pendel zur Demonstration der Erddrehung, das hier gerade einer Schulklasse erklärt wird.
Von oben hat man dann eine gute Aussicht über Frombork…
…und Umgebung.
Im Museum gibt es zuerst alte Keramik zu sehen. Dann geht es um Nikolaus Kopernikus, der hier seine letzten Jahre verbracht hat und auch in der Kathedrale begraben ist. Obwohl er das Ptolemäische Weltbild der Kirche mit der Erde als Mittelpunkt des Planetensystems ins Wanken gebracht hat. Ein Gemälde im Museum zeigt ihn, wie er, möglicherweise auf dem Turm den ich gerade bestiegen habe, die entscheidende Entdeckung gemacht hat.
Als ich von der Besichtigung zurückkomme steht mein Parkplatz voller alter Autos die anscheinend nichts weniger wollen als von Hamburg nach Shanghai zu fahren. Neben mir parkt ein bis unters Dach mit Gepäck vollgestopfter Jaguar E-Type. Ob dessen 12-Zylinder das „Klingelwasser“ (Niederoktaniges Benzin) in Asien bekommt?
Ich fahre auf kleinen Strassen weiter Richtung Ketrzyn, dem ehemaligen Rastenburg.
Unterwegs, wie auch schon in den Tagen zuvor, sind immer wieder bewohnte Storchennester in den Dörfern zu sehen.
Ein festgefahrener LKW und die „Wolfsschanze“
In der Nähe von Ketrzyn sind die Reste des „Führerhauptquartiers Wolfsschanze“ zu sehen. Aber die richtige Abfahrt verpasse ich beim ersten Anlauf. Jetzt ist erst mal Kaffeepause. Auf dem Parkplatz, den ich dazu ansteuere, hat sich ein LKW im Sand festgefahren. Zwei Mann sind mit Schaufeln beschäftigt die Hinterachse auszugraben. Aber mehrere Versuche freizukommen schlagen fehl. Auch ich kann hier nicht helfen, deren Auto spielt gewichtsmäßig in einer anderen Liga. Als die beiden einen anderen LKW anhalten sieht es aus als wollte der den Laster rausziehen. Aber er zieht nur den Anhänger ein paar Meter zurück. Dann können sie sich wohl nicht recht einigen wie es weitergehen soll und der andere fährt weiter. Ich hatte mich schon auf eine spektakuläre Bergungsaktion eingestellt. Aber jetzt kann sich der Fahrer selbst helfen. Er schiebt sich mit Hilfe des Containers und der Hydraulik um diesen abzusetzen ein paar Meter weiter und bekommt so sein Auto frei.
Aber jetzt steht der Container da herum den er ja eigentlich transportieren soll. Und um den wieder aufzunehmen, muss er wieder in das eilig zugeschaufelte Sandloch fahren. Als einer der beiden ein längliches Blech aus dem Schrottcontainer angelt, um es als Sandblech zu verwenden, wird mir klar, dass ich doch helfen kann. Für solche Fälle habe ich vor einer Weile zwei recht stabile Gummimatten gekauft. Die krame ich jetzt hervor und bringe sie den beiden. Mit den Gummimatten aus dem Fahrerhaus des LKW können sie so eine Fahrbahn improvisieren auf der der Laster nicht gleich wieder im Sand versinkt.
Um zur „Wolfsschanze“ zu kommen, bin ich schon zu weit, merke ich bald, also wieder wenden, zurück bis Ketrzyn und dann muss der Polnische „Atlas Samochodowy“ mit einem Masstab von 1:300.000 helfen.
Gegen halb sechs bin ich da. Für insgesamt 30 Zloty darf ich hier Parken (10 Sl.), Übernachten (12 Sl.) und die Betonbrocken im Wald besichtigen (8 Sl.).
Das nehme ich gleich in Angriff, jetzt ist hier recht wenig los.
Jeder der gesprengten Betonhaufen sieht irgendwie gleich aus, obwohl mein Reiseführer sie alle zu unterscheiden weiß. Aber ziemlich am Anfang des Rundgangs kommt man an jener „Lagebaracke“ vorbei, in der das Attentat vom 20. Juli 1944 stattgefunden hat.
Auch hier bekommt man einen Eindruck von der Dicke des Betons hinter dem sich die Nazi-Bonzen damals verkrochen haben. Ob wohl die Abstützung noch lange hält?
Nikolaiken in den Masuren
Samstag, 3.6.06 – 16. Tag
Heute fahre ich etwas ziellos zwischen den Masurischen Seen herum.
Aber das Wetter verspricht richtig gut zu werden. Im Pullover wird es mir bald zu warm. Auf der Karte sieht die Lage von Mikolajki (Nikolaiken) recht hübsch aus und auch der Reiseführer lobt es als „Venedig Ostpreußens“. Das mag übertrieben sein, aber ein Eis am See wird man dort wohl bekommen.
Naja, da vielleicht nicht, aber bestimmt hier.
Ich bekomme auch mein Eis, ein paar Meter weiter die Seepromenade entlang, denn diese beiden Restaurants bieten vor allem warme Mahlzeiten an, nach denen man anscheinend auch kein Dessert mehr braucht.
Ich laufe noch ein Stück am See entlang, schaue den Seglern zu und dann geht’s durch den Ort wieder zurück.
Jetzt noch eine Schleife auf ruhigen Straßen durch den Wald und immer wieder an Seen vorbei über Ruciane Nida und Pisz in Richtung Gizycko, wo ich heute Mittag beim Intermarche wieder fleißig eingekauft habe.
Unterwegs stelle ich fest, dass die Zweitbatterie beim Fahren nicht geladen wird. Wenn das so bleibt, ist es ein guter Grund nach einer Werkstatt Ausschau zu halten. Aber jetzt ist Wochenende, da läuft sowieso nichts. Und noch ist etwas Saft in der Batterie. Vielleicht ist es ja auch ein Wackelkontakt, was bei den holprigen Straßen kein Wunder ist.
Ich finde einen Platz am Waldrand in der Nähe der Straße 63 Richtung Gizycko.
Der Staatsmacht zuliebe nach Augustow
Sonntag, 4.6.06 – 17. Tag
Die Nacht war sehr ruhig und sternenklar.
An der ersten Tankstelle widme ich mich meinem Strom-Problem. Ich habe mir vorgenommen, jede der fliegenden Sicherungen im Motorraum zu überprüfen. Und schon die erste sieht etwas verschmort aus. Ich tausche sie aus und siehe da, die Batterie wird wieder geladen.
Über Orzysz fahre ich dann auf gelben Strassen zunächst bis Elk und dann Richtung Norden bis Goldap an der Grenze zum Kaliningrader Oblast. Hier zweigt eine Nebenstraße ab, die dem Grenzverlauf grob bis Sejny folgt. Es ist wenig los hier in der Nordostecke Polens. Hügel, Seen, Rapsfelder und Schwarzbunte Kühe. Ich trödele mit 60 (oder auch langsamer) vor mich hin. Wer vorbei will kann meist nach kurzer Zeit überholen. Wo das mal nicht möglich ist, mache ich auch Platz wenn es sein muss. Aber es muss nicht sein, hier ist wenig Verkehr.
Nach der Kaffeepause mache ich einen Spaziergang im noch Regenfeuchten Wald, denn heute ist es wieder bedeckt und nieselt auch von Zeit zu Zeit.
Nach der Kaffeepause gibt auch der Schalter für das Gebläse knirschend seinen Geist auf. Naja, die Nebenaggregate in diesem Auto waren noch nie besonders haltbar, aber zum Glück ist alles, was man braucht um wieder nach Hause zu kommen, recht robust ausgelegt.
Bei Sejny ist es eigentlich Zeit, sich nach einem Schlafplatz umzusehen. Nachdem ich eine Runde durch den Ort gedreht habe, steht eine Polizeistreife an einem Abzweig, der bei meinem ersten Vorbeikommen noch unbesetzt war. Sie scheinen sich nicht für mich zu interessieren, also fahre ich weiter. Doch plötzlich ist der Streifenwagen mit Blaulicht hinter mir. Zu schnell durch den Ort kann ich eigentlich nicht gefahren sein, die wollen bestimmt zum Einsatz. Nur ich kann sie hier nicht vorbeilassen, es kommt dauernd was von vorne. Und schneller fahren ist vielleicht auch nicht gut, vielleicht meinen sie ja doch mich. Bald wird mir klar: Die meinen mich! Also artig rechts ran. Es scheinen Grenzpolizisten zu sein. Einer spricht etwas Deutsch. Er fragt nach dem Woher und Wohin. Beim Woher zeige ich meinen Weg auf der Karte, beim Wohin sage ich „Augustow“. Anscheinend brauchen sie eine Adresse, der eine fragt sogar nach einem Hotel. Dass ich sowas nicht brauche, kann ich Ihnen begreiflich machen. Also mit der Auskunft „Camping Augustow“ geben sie sich soweit zufrieden. Aber sie haben mehr Fragen: Ob ich in Litauen war und, besonders seltsam, ob ich heute Fahrrad gefahren wäre? Beides muss ich verneinen. Dann verschwinden sie im Streifenwagen, noch immer mit meinem Pass, aber den bekomme ich bald zurück und ich darf weiterfahren.
Zehn Minuten später dasselbe Spiel an einer Kreuzung, wieder mit der Grenzpolizei. Hier spricht einer der beiden Englisch. Auch er fragt, ob ich Fahrrad gefahren bin. Sehr seltsam. Auch ihm sage ich „Augustow Camping“ auf die Frage nach dem Wohin. Nachdem das jetzt zweimal vor Amtspersonen verkündet wurde, muss ich es dann wohl auch tun. Ich kurve etwas am Stadtrand von Augustow herum, das zwischen einer Menge Seen liegt. Der erste Campingplatz scheint wohl offen zu sein, fällt aber dermaßen schräg zum Seeufer ab, dass ich hier mein rollendes Häuschen kaum gerade hinstellen kann.
Der zweite Platz, nahe an einer Fernstraße ist noch geschlossen, aber daneben ist ein Parkplatz der vielleicht zu einem Hotel gehört. Hier stelle ich mich für die Nacht hin. Leider ist die Straße recht gut hier zu hören. Aber jetzt ist Schluss für heute, es ist immerhin schon nach sieben Uhr.
Bialowieza Nationalpark
Montag, 5.6.06 – 18. Tag
Es geht weiter in Richtung Süden, der Bialowieza Nationalpark steht auf dem Programm. Der liegt südöstlich von Bialystok direkt an der weißrussischen Grenze.
Als ich den richtigen Weg aus Augustow heraus gefunden habe geht es mit dem üblichen Bummeltempo auf kleinen Straßen über Lipsk, Sokolka, Suprasl und Michalowo östlich an Bialystok vorbei.
Der Austausch der Sicherung in der Ladeleitung der Zweitbatterie hat wahre Wunder bewirkt. Die Batterie wird beim Fahren so gut wie schon lange nicht mehr geladen. Bei der alten Sicherung hatte sich der Kunststoff verformt und wahrscheinlich war der Übergangswiderstand irgendwann einfach zu groß. Aber sie scheint bis zum Schluss nicht durchgebrannt zu sein.
Aber der Sicherungshalter wird auch jetzt noch ziemlich warm. Die Kontakte sind auch korrodiert. Den sollte ich mal austauschen.
Die Hügel rücken hier weiter auseinander, es ist Bauernland und die Leute wohnen ganz überwiegend in Holzhäusern und haben auch hölzerne Kirchen, wie in Nowa Wola.
In Narewka ist es mal wieder soweit, die Grenzpolizei hält mich an. Einer der beiden kann recht gut Englisch. Auch hier die üblichen Fragen, aber ob ich Fahrrad gefahren bin, interessiert heute nicht. Der Englische Wortschatz dieses jungen Polizisten reicht auch für ein paar Freundlichkeiten und nach ein bisschen Geplauder darf ich weiter.
Bald danach sehe ich einen Wegweiser nach Bialowieza und biege ab. Die Straße verliert am Ortsausgang ihre Asphaltdecke, aber das stört mich nicht weiter und an einer Lichtung finde ich ein idyllisches Plätzchen.
Beim Abendspaziergang springt nur einmal ein Reh vor mir auf und rennt davon. Auf der Straße ist sehr wenig los, pro Stunde kommen vielleicht ein oder zwei Autos vorbei.
Dienstag, 6.6.06 – 19. Tag
Nach Bialowieza sind es jetzt nur noch ein paar Kilometer. Im Ort kurve ich erst ein wenig herum auf der Suche nach einem Campingplatz. Bald finde ich einen kleinen, aber feinen Platz an der Straße in Richtung Hajnowka, kurz vor dem Ortsausgang. Der Platz liegt im Garten eines Privathauses, aber es ist alles Notwendige da.
Zu weiteren Aktivitäten kann ich mich heute nicht mehr aufraffen. Morgen ist auch noch ein Tag.
Mittwoch, 7.6.06 – 20. Tag
Heute will ich in den Park, am besten mit dem Fahrrad. Nach ein bisschen Herumkurven finde ich auch einen Eingang. Bald gabelt sich der Weg. Ich biege erst rechts ab, dort wird es aber bald sumpfig.
In der anderen Richtung geht es weiter durch den Urwald.
Umgestürzte Bäume bleiben liegen und bieten Nährstoffe für alle möglichen Kleinstlebewesen und auch Ihre Nachfolger. Es sind immer wieder fremdartige Vogelstimmen zu hören. Aber die Urheber sind im dichten Laub nicht auszumachen. Auch muss ich sehr auf den Weg achten, um nicht plötzlich auf die Nase zu fallen. Dann gibt es eine recht abenteuerliche Brücke zu überqueren.
Und jetzt gibt es auch wieder Wegweiser. Aber das, worauf hingewiesen wird, kann ich auf meiner gestern erworbenen Wanderkarte nicht finden.
Ich finde aber die Fahrzeuge einer kleinen Feldbahn. Alles steht hier völlig unbewacht in der Wildnis herum, sieht aber recht proper aus.
Schon am Stellplatz von Montagabend hatte ich Feldbahngleise gefunden. Dies sind also die Fahrzeuge dazu. Die Gleise, die zu sehen sind, sind aber so zugewachsen, dass ich mir nicht sicher bin, ob man da noch drauf fahren kann.
Schließlich erreiche ich einen Ort am nördlichen Rand des Parks. Laut meiner Karte sollte es möglich sein über eine Brücke, die „Kosy Most“(Video), zu der Strasse von Narewka nach Bialowieza zu kommen. Hier im Dorf steht ein Wegweiser zur Kosy Most. Ich fahre also wieder in den Park, kann den richtigen Weg aber nicht finden. Schließlich wird es Zeit wieder zurück zu fahren. Jetzt muss ich den weiten Weg über Landstraßen erst nach Narewka und dann nach Bialowieza nehmen. Das sind insgesamt 35km. Um halb Neun Uhr abends bin ich wieder am Auto und heilfroh, nicht mehr auf dem Fahrrad sitzen zu müssen.
Weiter nach Südost-Polen
Donnerstag, 8.6.06 – 21. Tag
Auch heute kann ich mich nur zum Einkauf im hiesigen Tante-Emma-Laden und zum Pierogi-Essen im Restaurant entschließen. Die Pierogi sind Teigtaschen und werden auf der englischen Speisekarte als „Ravioli“ angepriesen. Ungefähr so sehen sie auch aus, nur größer. Und die Füllung ist deftiger. In meinen „Pierogi Bialowieze“ stecken noch Pilze und Zwiebeln. Dazu gibt es gebratenen Speck.
Freitag, 9.6.06 – 22. Tag
Heute will ich weiter in Richtung Süden. Über Hajnowka und Semiatycze geht es zur Straße Nummer 19, die Bialystok mit Lublin und Südostpolen verbindet.
Unterwegs sehe ich immer wieder orthodox aussehende Kirchen. Die Landschaft ist noch immer flach. Vor Lublin verlasse ich die Straße Nr. 19 aber schon wieder, um Lublin auf Landstraßen zu umfahren.
Vorher ist aber erst mal Kaffepause neben einer, für den zugehörigen Ort (Jawidz, wenn ich richtig aufgepasst habe), recht großen Kirche.
Hineinschauen kann man auch.
Und das Geläut steht extra daneben.
Langsam wird die Gegend hügeliger, was noch zunimmt, als ich südlich von Lublin auf die Straße in Richtung Przemysl abbiege. Aber ein passender Platz für die Nacht will sich mir nicht anbieten. Aber schließlich werde ich an einer Kreuzung bei Goraj fündig. Gegen Abend beginnt es heftig zu regnen.
Samstag, 10.6.06 – 23. Tag
Hier war die Nacht nicht ganz so ruhig, aber es ging trotzdem. Auch heute regnet es immer wieder. Die Gegend ist nochmal flach geworden, als ich bei Jaroslaw das Tal des San erreiche. Weiter in Richtung Przemysl wird es aber jetzt richtig hügelig. Noch kann die gut ausgebaute Straße die Hügel direkt angehen, aber hinter Przemysl kommen dann die ersten Serpentinen. Mein Reiseführer preist die Straße von Przemysl nach Sanok als besonders reizvoll, also geht es da jetzt auch lang. Als ich das Tal des San, der anscheinend Hochwasser führt, verlasse, geht es auf kurviger Straße in eine Gegend, die auch ein deutsches Mittelgebirge sein könnte. Auch hier in den Bergen sehe ich noch bewohnte Storchennester in den Dörfern. Mein Reiseführer behauptet, jeder dritte europäische Storch wäre ein Masure. Richtiger ist wohl, dass jeder zweite Storch in Europa ein Pole ist.
Hinter Sanok fahre ich dann zuerst in Richtung der ukrainischen Grenze. Hier ist wieder einiger Verkehr, auch Ukrainer sind unterwegs. Vor der Grenze biege ich dann in südlicher Richtung ab, um eine Runde durch den südöstlichsten Zipfel Polens zu drehen. Der Verkehr lässt nach, es geht auf und ab und neben einer Holzkirche aus dem 18. Jahrhundert finde ich dann ein Plätzchen für die Nacht.
Es hat aufgehört zu regnen, die dicken Wolken werden kleiner und die Sonne scheint sogar zum Abendessen, diesmal vor der Haustür.
Sonntag, 11.6.06 – 23. Tag
An „meiner“ kleinen Kirche, es ist die Holzkirche von Smolnik, herrscht morgens ein reges Kommen und Gehen, aber zu der Zeit, wo nach meinem Verständnis eines kleinen Schildes an der Tür, der Gottesdienst sein sollte, ist schon wieder alles ruhig. Auch ich bin irgendwann soweit und fahre weiter.
Zunächst zu noch einer Holzkirche, jener von Chelmiu.
Hier geht es auf der recht holprigen Straße aber bald nicht mehr weiter und ich fahre zurück um meine Runde entlang der ukrainischen und später der slowakischen Grenze fortzusetzen. Die Berge sind um ca. 1100 bis 1300 Meter hoch, in den nicht allzu breiten Tälern fließen kleine Flüsse. Auf einem Rastplatz neben einem solchen Fluss mache ich Mittagspause und habe die Hoffnung, von hier aus die Gegend zu Fuß zu erkunden. Aber die wenigen Wege führen nicht weit.
Die Gelegenheit zum Laufen bietet sich ein wenig später. Von einem bewachten Parkplatz aus führt ein Weg, den eine Menge Leute gehen. Es geht recht stetig bergan, zuerst durch den Wald, dann oberhalb der Baumgrenze durch Wiesen auf den Gipfel des 1228m hohen Polonina Wetlinska. Oben angekommen gibt es erst mal ein bisschen Naschzeug und eine große Flasche Wasser in der bewirtschafteten Hütte.
Jetzt noch einmal in die Runde schauen…
Da ziehen auch schon dicke graue Wolken über den Gipfel und ich mache mich auf den Rückweg. Aus den Wolken fallen aber zum Glück nur ein paar Tropfen.
Bei Cisna zweigt die Straße ins nördlich gelegene Sanok ab, ich will aber nach Westen. Jetzt sind die Berge flacher, runder und rücken etwas weiter auseinander.
Ein Stück weit hinter Komancza finde ich einen Platz abseits der wenig befahrenen Straße.
Durch den Magurski-Park nach Zakopane
Montag, 12.6.06 – 24. Tag
Zuerst folge ich noch einem Wegweiser zu einer Holzkirche. Die ist aber nur von weitem zu betrachten.
Jetzt will ich versuchen auf kleinen Straßen durch den Magurski Nationalpark zu kommen. In Kempna zweigt laut meiner Karte die „graue“ Straße ab. Das Schild an der Kreuzung bedeutet wohl schon sowas wie „Achtung, diese Straße ist wirklich schlecht“ aber das stört mich nicht, ich habe Zeit und umdrehen wird man schon noch können, wenn es gar nicht mehr geht. Die Straße ist allerdings wirklich sehr zerfurcht. Hinter einer Holzbrücke mit 6 Tonnen Tragkraft bin ich dann allein. Es geht meist nur im zweiten Gang.
Man hat auch mal ein bisschen Aussicht.
Bei Grab bin ich dann durch den Magurski Park hindurch gefahren. Geradeaus geht’s hier zum Schlagbaum der slowakischen Grenze, also wieder zum Ort zurück und links abbiegen. Dort soll dann ein paar Kilometer weiter eine immer noch „graue“ Straße Richtung Westen abzweigen. Das tut sie auch, aber nach ein paar Metern ist schlicht keine Straße mehr da. Dort wo sie vielleicht mal war, schlängelt sich jetzt ein Fluss. Also doch geradeaus weiter und kurze Zeit später bin ich wieder in Kempna. Na gut, das war wohl nichts also doch auf „gelben“ Straßen bleiben. Der Reiseführer spricht vom Poprad-Tal als recht reizvoll. Über Gorlice und Krynica ist das dann bald erreicht. Krynica scheint bekannt für Mineralwasser zu sein. Es stehen viele Reklametafeln herum und später fahre ich auch an der properen Wasser-Fabrik vorbei. Der Fluss Poprad bildet hier die Grenze zur Slowakei. Auf Polnischer Seite bleibt oft gerade genug Platz für die Straße und eine eingleisige Bahnlinie. Da es langsam Zeit wird, einen Schlafplatz zu finden, biege ich immer mal wieder in die Orte ab, aber wo die zu Ende sind, hört auch die Straße auf. Nach etwas hin und her werde ich schließlich auf einem Holzverladeplatz neben einem kleinen Fluss fündig.
Dienstag, 13.6.06 – 25. Tag
Wasser wird knapp, also will ich einen Campingplatz ansteuern. Zakopane ist nicht weit. Hinter Novy Targ kann man schon die schneebedeckte Hohe Tatra sehen. Auf dem Weg nach Zakopane sieht es aus wie in Oberbayern auf dem Weg nach Garmisch. Grüne Wiesen und Hügel vor der Kulisse der Schneeberge. Beim ersten Durchfahren finde ich nur einen Campingplatz dessen Zufahrt für alles über 2,5 Tonnen gesperrt ist. Der Ort ist auch ziemlich voll. Nach einer Rast auf einem Parkplatz geht es zurück, ins Zentrum und zur anderen Seite wieder hinaus. Hier habe ich mehr Glück und finde den Campingplatz „Pod Krokwia“.
Mittwoch, 14.6.06 – 26. Tag
Ein fauler Tag über den es nichts zu berichten gibt.
Durch die Beskiden
Donnerstag, 15.6.06 – 27. Tag
Ich fahre weiter Richtung Westen aus Zakopane heraus. Auch die Grenzpolizei interessiert sich mal wieder für mich. Wegen Fronleichnam und den dazugehörigen Prozessionen sind die Ortsdurchfahrten oft gesperrt oder es gibt Umleitungen.
Es reicht aber noch für einen Blick auf die Hohe Tatra.
Ich entdecke neben der Straße ein Freilichtmuseum in dem man die hübschen Holzhäuser dieser Gegend genauer in Augenschein nehmen könnte. Aber es ist wegen des Feiertages geschlossen. Doch der Parkplatz ist gut genug für die Mittagsrast.
Wenig später ist ein „Delikatesy“-Supermarkt aber geöffnet. Bei Zywiec will ich dem dortigen Stausee etwas näher kommen, aber alle Parkplätze sind rappelvoll. An der Straße Richtung Wisla finde ich einen Parkplatz für die Nacht.
Freitag 16.6.06, 28. Tag
Nach ein paar Serpentinen bin ich in Wisla, einem bekannten Ferienort der Polen. An der Straße sehe ich einen Markt und beschließe anzuhalten. Der nette Parkplatzwächter kann ganz gut Deutsch und zwei Stunden Parken kosten bei ihm nur 4 Zloty. Auf dem Markt gibt es jede Menge Klamotten, Kitsch und auch einiges was man bei uns wohl als „Gefährliche Gegenstände“ bezeichnen würde, wie feststehende Messer oder Schlagringe.
Nach einem Rundgang zur Information über das Angebot kaufe ich dann ein paar Stücke des in den Beskiden hergestellten geräucherten Schafskäse.
Ein paar Stände weiter gibt es Sachen aus Wolle. Ein Schafsfell und Fellschuhe für Zuhause haben es mir angetan. Die Verkäuferin kann auch ein bisschen deutsch. Wir finden bald passende Schuhe (22 Zloty) und auch ein Fell soll 100 Zloty kosten. Ich drehe noch eine Runde über den Markt. Ihre Schuhe scheinen tatsächlich die günstigsten zu sein. Auch das Fell riecht an der Lederseite längst nicht so stark wie manche der anderen angebotenen Felle.
Aber ich will noch ein bisschen handeln. Als sie versteht, dass ich Ihr für beides zusammen 110 Zloty geben will, ist sie fast erfreut dass auch ein Deutscher mal handeln will und wir werden schnell einig. Nebenan gibt es ein Gewürzregal. Die Keramikschubladen sind zwar Polnisch beschriftet, aber man kann bei den meisten Sachen raten was es heißen soll und die Beschriftung wird wohl nicht verblassen wie bei den Behältern in meinem Gewürzregal zu Hause. Hier klappt es mit dem Handeln nicht ganz so gut, aber immerhin 2 Zloty Nachlass.
Dann verstaue ich meine „Beute“ im Auto. Gleich nebenan ist auch die Fußgängerzone. Heute bleibt die Küche kalt und ich bestelle an einem Imbiss mutig ein „Udko“. Jetzt weiß ich, das ist ein gegrilltes Hähnchen. Hier ist auch das Beskidische Museum. Für 3 Zloty gibt es Werkzeuge, Trachten und eine Bauernstube zu sehen. Alles was zu lesen wäre, ist auf Polnisch.
Jetzt will ich weiter, durch den Südrand des Ballungsgebietes um Kattowitz. Hinter Raciborcz wird es wieder ländlich. Die Gegend ist sanft gewellt mit großen Feldern. An der Straße sitzen überall Leute mit Erdbeeren. Ich kaufe ein Pfund. Die gibt es heute zum Abendessen.
Hinter Glubczicze finde ich einen Platz neben dem Fußballfeld eines kleinen Dorfes. Gegen sieben kommt einer um den Rasen zu mähen. Noch während ich dies schreibe (9 Uhr abends) schiebt er seinen knatternden Mäher über den Rasen. Nachts wird er ja wohl nicht weitermähen.
Samstag 17.6.06, 29. Tag
Der Rasenmäher-Mann verschwindet tatsächlich gegen halb Zehn. Dafür wird es gegen Elf am Auto nochmal lebendig. Zwei Mann sind mit einem Motorrad gekommen und laufen mit Taschenlampen vor dem Auto herum. Ich beobachte gespannt bei ausgeschalteter Innenbeleuchtung.
Jetzt kommt einer näher. Uniform, gelbe Warnweste, „Straz Graniczna“ steht drauf, also mal wieder Grenzpolizei. Wo ich denn hin will? Die Auskunft „Westlich Richtung Deutschland“ reicht ihm nicht, er will eine Stadt hören, also sage ich „Wroclaw“ (Breslau). Jetzt hat er was für den Bericht, suchen werden sie mich da morgen wohl nicht. Dann guckt er sich noch den Pass an, will wissen ob ich in Tschechien war, kann nichts Verdächtiges feststellen und die beiden trollen sich wieder.
Es ist noch immer recht warm und ich schlafe nicht besonders gut. Morgens um Neun ist auch der Rasenmäher-Mann wieder da und ich krabble aus den Federn.
Ich fahre erst mal etwas herum, um aus dieser Gegend wieder hinauszufinden, aber es geht nur über Glubczicze. Von hier gerate ich auf die Straße nach Krapkovice. Hier gibt es Mittag vor einer recht heruntergekommenen Fabrik. Danach fahre ich über Prudnik und Nysa weiter Richtung Westen. In Nysa hole ich aber erst mal etwas Schlaf nach. Dann geht es mit einem starken Kaffee wieder weiter in Richtung Klodzko. In Zloty Slok verführt mich ein Schild mit der Aufschrift „Kurort Ledak Zjodr“ zum Abbiegen. Zuerst aber lande ich vor der großen Kirche des Ortes.
Jetzt geht es geht in Serpentinen durch den Wald und neben einer Kehre finde ich ein etwas schräges, aber ruhiges Plätzchen für die Nacht.
Durch Schlesien zur Schneekoppe
Sonnstag 18.6.06, 30. Tag
Heute will ich mir das kleine Städtchen Bystrzyca Klodzka, das frühere Habelschwerdt, ansehen. Hier gibt es noch ein paar alte Stadttore…
…und ein Rathaus das irgendwie an Italien erinnert mit einer Dreifaltigkeitssäule daneben.
Daneben, in bester Lage also, esse ich eine Pizza (mit Getränk 15 Zloty, knapp 4 Euro). Dann besichtige ich das einzigartige Streichholzmuseum am Markt (Rynek). Hier gibt es Streichholzschachteln aus aller Welt und kuriose Feuerzeuge zu sehen.
Die Gegend hier ist hügelig und bewaldet. Entlang der Grenze zu Tschechien geht es in Richtung Nordwesten. An der Ortseinfahrt von Zielienic lockt ein weitläufiger, leerer Parkplatz zur Übernachtung.
Montag 19.6.06, 31. Tag
Weiter geht es entlang der Grenze. Bald komme ich auf die recht stark befahrene Strasse Nr. 8 die von Wroclaw nach Tschechien führt. Die kann ich aber in Kudowa Zdroj (Zdroj = Bad) wieder verlassen. Kurvenreich geht es durch den Wald. Bald ein Schild „Sanktuarium Wambierzyce“. Ich biege ab. In dem kleinen Dorf steht eine riesige Kirche.
Die Leute pilgern hier zu einer Marienstatue, die schon im 13. Jh. einen Blinden wieder sehend gemacht haben soll. In der Kirche selbst ist Gottesdienst und laufend werden Schulklassen durch den Umgang geschleust. Hier hängen jede Menge, meist Deutsch beschriftete, Votivtafeln mit Danksagungen für die Hilfe Marias.
In kleinen Seitenkapellen sind Szenen aus dem Leben Jesu aufgebaut. Davon gibt es in der Kirche und im Ort wohl über 70. Am Kalvarienberg gegenüber der Kirche sind noch mehr und auch eine mechanische Krippe mit beweglichen Figuren aus dem 19. Jahrhundert. Diese ist aber montags geschlossen. Ich nutze den hiesigen Parkplatz noch für die Mittagspause und dann geht’s weiter über Nowa Ruda in Richtung Walbrzych. Der Verkehr wird stärker. Irgendwann biege ich nochmal Richtung Grenze ab. Aber es hilft nichts, man muss durch Walbrzych hindurch. Ich finde aber die richtige Ausfahrt und nähere mich der Schneekoppe (Sniczka). In Karpacz steht irgendwann ein Schild „Parkplatz Busse rechts, Parkplatz Auto links.“ Es sieht so aus, als ob die Straße zu Ende wäre. Naja, nach dem Punkt habe ich ja auch gesucht. Nachdem Frau Parkplatzwächterin Herrn Parkplatzwächter geholt hat, ist auch das Übernachten hier kein Problem. Aber mit 30 Sloty lassen sich schon einige Probleme lösen.
Ich laufe noch ein bisschen herum. Dabei sehe ich auch, dass hinter dem Busparkplatz die Straße sehr wohl weitergeht.
Hier steht eine Norwegisch aussehende Holzkirche mit steinernem Glockenturm daneben.
Und richtig, der Reiseführer erklärt es mir: Die Kirche von Wang (dieser Ortsteil von Karpacz) sollte in Norwegen wegen Baufälligkeit abgerissen werden. Kaiser Friedrich Wilhelm III. ließ sie dort abbauen und hier wieder errichten.
Abends poltert noch ein Gewitter in der Nähe herum, verzieht sich aber nach etwas Regen wieder.
Dienstag 20.6.06, 32. Tag
Um die Schneekoppe zu besteigen, ist es mir entschieden zu schwül und drückend. Und so fahre ich weiter auf schmalen Straßen durch die Berge. Der Spaß endet irgendwann an einem Schild das die Durchfahrt für alle Kraftfahrzeuge verbietet. Brav kehre ich um. Weil auch eine andere Nebenstraße wegen Bauarbeiten gesperrt ist, hilft es nichts: Ich muss durch Jelenia Gora, um weiter Richtung Deutschland voranzukommen. Da kann ich auch das Notwendige mit dem Nützlichen verbinden und nochmal kräftig einkaufen. Ich halte nach Supermarkt-Hinweisschildern Ausschau. Aha, ein Lidl nach 6km und sogar ein Carrefour, noch ein bisschen weiter. Aber erst muss man durch die Stadt hindurch. Das ist bald geschafft und da ist auch schon der Lidl. Hier kaufe ich für gut 100 Zloty erst mal Vorräte und reichlich Naschzeug. Noch habe ich 170 Zloty. Also weiter zum Carrefour. Nach einem Imbiss gebe ich mich dem Kaufrausch hin. Es wird sogar so viel, dass das Geld nicht reicht und ich nochmal 50 Zloty aus dem Bankomaten ziehen muss. Jetzt ist es auch schon wieder 15 Uhr, Geld habe ich auch keins mehr, also ab nach Hause. Die Straße Richtung Görlitz ist bald gefunden und etwa zur Kaffeezeit befahre ich am Grenzübergang Görlitz Stadtbrücke wieder deutschen Boden.
Übernachtungsstatistik Polen 2006:
30 Nächte auf polnischem Boden, davon
Freistehen: 18
Stellplatz / kostenpflichtiger Parkplatz: 3
Campingplatz: 9
(c) Henning Schünke
Danke für die interessante Schilderung deiner Polenreise, daß macht Lust sich selber mit dem Womo auf den Weg zu machen. Ich habe vor 16 Jahren humanitäre Transporte nach Belarus gemacht bei denen ich Polen durchfahren habe und fand es traumhaft schön. Aber ehrlich gesagt fühlte ich mich darmals nicht sehr sicher und bin nur bewachte Parkplätze angefahren.
Liebe Grüße
Paul aus Aachen
Hallo Henning,
diesen Bericht, von meiner alten Heimat, musste ich natürlich als erstes lesen. 😉
Du hast einen sehr schönen Erzähl-Stil. Man reist förmlich mit.
Aber, dass du meine Heimatstadt Danzig ausgelassen hast, dass ist unverzeihlich. Die schönste Großstadt Polens. 😉
Auf die Halbinsel Hela hat mich mal meine Oma zum Bäumchenpflanzen mitgenommen. Da war ich so ca. 10 Jahre alt. Leider weiß ich nicht mehr wo das genau war und so betrachte ich dort jeden Baum als den meinen. 😀
Fröhliche Grüße und weiterhin gute Fahrt wünscht dir
Lena
von ledima on tour
Hallo!
Habe deinen Kommentar gelesen und muß sagen, das mit Danzig stimmt, ist eine sehr schöne Stadt. Haben letztes Jahr eine Polenrundreise gemacht und haben uns auch Danzig angesehen. Schau mal auf meune Seite „Ingo on Tour“, da siehst du ein wenig von der Reise. Viele Grüße