Hallo zusammen,
am Sonntag habe ich mich wieder von dem konsequent einsamen Platz fortbewegt. Bis dahin sind vielleicht fünf Autos dort vorbei gekommen. Eines war tatsächlich ein Wohnmobil. Das kam gegen Mitternacht, hat noch ewig den richtigen Platz gesucht (Als Gardinenwackler beobachte ich das natürlich bei ausgeschaltetem Innenlicht) und war am nächsten Tag bald wieder weg.
Ich bin nur ein kurzes Stück gefahren bis zum „Roten Moor“. Am Abend wollte ich unbedingt noch etwas moorige Grusel-Atmosphäre einfangen…
…schließlich hat es geregnet und fühlte sich insgesamt mehr wie November, als Anfang Juli an. Aber ich war bald ziemlich nass und der richtige Weg ins Moor war das auch nicht. Doch wenigstens hat was geblüht.
Am nächsten Tag war das Wetter deutlich besser und mir war jetzt auch klar, welcher Weg der richtige ist. Dieser hier nämlich…
…ein schmaler Trampelpfad unweit der Bundesstraße bis zum „Moordorf“. Dort gibt es das NaBu-Haus, einen gebührenpflichtigen Parkplatz (2€/24h, keine offizielle Erlaubnis für Wohnmobile, aber auch keine offensichtlichen Verbote) und den Weg hinein ins Rote Moor. Das ist mit 50ha das zweitgrößte Hochmoor der Rhön, nach dem Schwarzen Moor nur ein paar Kilometer weiter in Bayern. Von 1809 bis 1984 wurde hier Torf abgebaut, sehr viel davon ging in die Moorbäder der umliegenden Kurorte. Seit 1979 steht das Gelände unter Naturschutz, um den noch vorhandenen Rest des Hochmoors zu erhalten. Dazu hat man unter anderem diesen Stausee angelegt…
…mit dessen Inhalt das Gebiet wieder vernässt wird. Bald beginnt der Bohlenweg…
…doch es geht meistens durch Wald.
Beim Versuch, diese in der Sonne glitzernden Wassertropfen zu fotografieren…
…hat meine gute alte Nikon D70 wohl ihren letzten Seufzer getan. Der Spiegel hängt fest und mag sich nicht mehr in die Ausgangsstellung bewegen. Eine Reparatur wird sich da nicht lohnen, ich habe ja noch die kleine Canon und viele Leute machen bemerkenswerte Bilder mit dem Handy. Das habe ich danach auch probiert, so hatten die anderen Ausflügler was zu wundern über den Typen, der sich mit einer riesigen Fototasche abgeschleppt hat, aber trotzdem mit dem Handy fotografiert.
Mein Ziel ist der Aussichtsturm, aber von oben sieht es auch nicht amders aus, als so:
Dieser Bereich ist die streng geschützte Kernzone des Roten Moors.
Eine Menge Wege gibt es hier…
…auch einen Rundweg, aber das sind 18 Kilometer, dafür fehlen mir doch etwas die Ambitionen und so laufe ich den selben Weg wieder zurück. Es blüht überall, davon ein paar Eindrücke.
Der Trampelpfad führt an der Wüstung „Mohr“ vorbei. Eine Infotafel erklärt, dass es hier nach einem Brand eine freie Fläche gab, die ab 1545 zur Besiedlung freigegeben war. Bald fristeten wohl 20 oder mehr Kolonisten hier ein karges Leben. Bis im Dreißigjährigen Krieg kroatische Truppen das Dorf 1634 niederbrannten. Die Bewohner konnten fliehen, waren aber nach dem Krieg nicht mehr dazu zu bewegen, ihre Höfe wieder aufzubauen. Nur auf ihre Äcker und Wiesen ganz verzichten, das wollten sie auch nicht. So machte man ihnen zur Auflage, ihre Gemeindeverwaltung weiterhin aufrecht zu erhalten. Einmal im Jahr fanden sich die verstreut lebenden Mohrer hier ein, verhandelten Grundstücksangelegenheiten und wählten turnusgemäß einen Schultheiß. Diese Gemeinde ohne Dorf bestand so bis in die erste Hälfte des 19. jahrhunderts. Erst in dieser Zeit wurden die Flurstücke des Dorfes Mohr auf die umliegenden Gemeinden verteilt. Archäologen konnten wohl noch ein paar Hausfundamente im dichten Gestrüpp finden, für den Normalbürger sichtbar ist nur der Dorfbrunnen.
So ein Handy schlägt sich recht wacker beim Fotografieren…
…aber besser geeignet ist doch ein richtiger Fotoapparat. Die kleine Canon hat im Auto auf mich gewartet und darf noch schnell ein Bild machen von einem ohne Genehmigung errichteten Solarkraftwerk.
Auf diesem Parkplatz scheint die Sonne erst am Nachmittag auf die Paneele und dann muss ich alles aufbieten, um die marode Batterie nochmal voll zu bekommen.
Gruß
Henning
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