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Hallo zusammen,
mit dieser Frage beginnen regelmäßig in Foren oder Facebook-Gruppen endlose Grundsatzdiskussionen.
Der echte Camper bekennt sich
Da betont jemand, der selbstverständlich ohne TV unterwegs ist, wie schrecklich er es findet, dass sich alle abends in den Mobilen verkriechen, dass jeder einen Thermomix dabei hat und dass nicht gegrüßt wird und keiner mehr hilft. Dem pflichten dann alle bei und sehen die kulturelle Substanz des Abendlandes bedroht. Gleichzeitig wird betont, wie schön dass doch früher war. Da ist die Campingplatzbevölkerung sofort zusammengeströmt, um den Wohnwagen des Neuankömmlings mit Muskelkraft und Hauruck in Position zu wuchten. Hinterher gab es gleich mal ein Bierchen und alle waren Freunde. Heute haben diese arroganten Schnösel alle einen Mover, da würde das Hilfsangebot nur noch pikiert zurückgewiesen.
Was ist denn ein Mover? Für die Nicht-Camper sei es kurz erklärt: Das sind zwei Elektromotoren, die über Reibräder die Räder des abgekuppelten Wohnwagens antreiben. Den kann man so, gesteuert über eine Fernbedienung, ein paar Meter langsam über den Platz rangieren. Gespeist wird das von einer zusätzlichen Batterie, die bei manchen Wohnwagen auch den Wohnraum versorgt und so für ein wenig Autarkie sorgt.
Mein lästerliches Hirn kann sich natürlich beim Lesen dieser ebenso sinnlosen, wie verbissenen Diskussionen nicht zurückhalten und denkt sich dauernd neuen Unsinn aus. Vor allem die Verbissenheit mancher Diskutanten lässt mich dann nicht einfach weiterscrollen…
…nein ich muss das lesen.
Feind des echten Campers: Der Mover
Der Mover-Besitzer könnte natürlich, auch um die guten alten Zeiten wieder aufleben zu lassen, die schon gezückte Fernbedienung dezent in einer der 200 Taschen seiner Outdoorweste verschwinden lassen und das halbe Dutzend Helfer zum Schieben einteilen. Das schont Mover, Batterie und fördert sicher ungemein die Kontaktaufnahme. Es darf nur keiner der Hilfskräfte den kleinen Elektromotor neben dem Caravanrad bemerken. Auch sollte genug Bier vorrätig sein, um das Ergebnis der gemeinsamen Kraftanstrengung gebührend feiern zu können. Bemerken sie den Mover und bekommen dann auch kein Bier, könnten sich die Helfer etwas veralbert vorkommen und werden sicher keine neuen Freunde sein wollen.
Dann gibt es die wenigen Wohnwagenbesitzer, die tatsächlich noch keinen Mover haben. Die beklagen sich hin und wieder, die Nachbarn würden ungeniert in ihren Klappstühlen sitzen bleiben, ja diese sogar bewusst zum Geschehen ausrichten und ihnen bei der körperlichen Anstrengung nur amüsiert zusehen. Nun ja, vielleicht wurden die auch schon von einem Mover-Besitzer so verladen, wie oben beschrieben?
Ich kann mich auch noch daran erinnern, Wohnwagen in die Parzelle geschoben zu haben, wie genau es dazu kam, bleibt aber im Nebel der Erinnerung verborgen. Sicher habe ich auch schon den Klappstuhl zum Geschehen ausgerichtet und bin sitzen geblieben. Schlimmer noch: Wenn es schon dunkel ist, lösche ich innen das Licht und öffne das Rollo, um sehen zu können, was da los ist. Das wird allgemein als Gardinenwackeln bezeichnet. Ja, ich bin bekennender Gardinenwackler! Wenn es auf dem Stellplatz brummt, will ich immer wissen, wer oder was da kommt. Einmal kam ein PKW mit Wohnwagen. Der Besitzer hat den Wohnwagen, noch halb auf dem Weg stehend, abgekuppelt. Ich habe mich schon gefragt, wie es jetzt wohl weitergeht, da hat er die Fernbedingung gezückt und mit leisem Summen ist das Wohngefährt in seine Position eingerückt.
Da wirken viele Wohnmobilbesatzungen deutlich weniger routiniert. Sobald es rückwärts geht, muss Mutti aussteigen, steht oft im toten Winkel des Rückspiegels herum, schreit und fuchtelt wie wild, aber Vati macht doch was er will. Das sind zum Beispiel die Momente, in denen ich den Campingstuhl zum Geschehen ausrichte. Ich habe in diesen Diskussionen auch schon gelesen, wie verantwortungslos es doch ist, sich nur auf Spiegel und Rückfahrkamera zu verlassen. Dass ich es allein überhaupt lebendig auf die Straße schaffe, ist doch immer wieder ein Wunder. Bei anderen wundert es mich, dass die einweisende Beifahrerin noch nicht überfahren wurde.
Grüßen oder nicht Grüßen, das ist die Frage
Aber zurück zum wahren Camping. Früher war nicht nur mehr Lametta, wie Loriot’s Opa Hoppenstedt wusste, früher wurde auch mehr gegrüßt auf Campingplätzen. Mag sein, weiß ich nicht, aber man sollte den Verklärungsfaktor bei den Erinnerungen sicher nicht außer Acht lassen. Es stimmt allerdings schon, dass auf mein „Hallo“, „Moin“ oder „Mahlzeit“ im Vorübergehen selten eine Antwort kommt. Nun, dann eben nicht.
Über das Grüßen auf der Straße von Wohnmobil zu Wohnmobil, das nötig wäre, weil man doch so gleichgesinnt ist, habe ich mich ja schon mehrfach ausgelassen. Ob jetzt alle, welche die Winkerei auf der Straße fordern, die selben sind, die auf dem Stell- oder Campingplatz wegschauen, wenn ich Hallo sage, kann ich nicht beurteilen, aber der Widerspruch ist schon sehr krass, weshalb ich auch die Straßenwinkerei hochgradig albern finde.
Manchmal antwortet jemand auf den Gruß oder grüßt mich und ich antworte dann, wie es sich gehört. Hin und wieder ergibt sich daraus ein Gespräch, das kann sogar sehr nett sein, was natürlich auch vom Gegenüber abhängt. Es gibt aber auch jene Zeitgenossen, die ungefragt auf jeden Neuankömmling zustürmen, dem ihre Lebensgeschichte erzählen oder erklären, was er zu tun und zu lassen hat. Ich ziehe es vor, in Ruhe gelassen zu werden und möchte auch meinen Nachbarn nicht auf den Geist gehen.
Wie ich zur Frustration der virtuellen Camper beitrage
Sehr viel über das Camping und vor allem seine Protagonisten, erfahre ich täglich auf dem virtuellen Stellplatz Facebook. Natürlich kommen daher all die kleinen Alltagsdramen, welche in dieser Geschichte aufgeführt werden. Dort habe ich auch gelernt, dass ich aus mindestens zwei Gründen zur Frustration der Anderen beitrage:
Ich schließe relativ früh die Rollos und es gibt dann nichts mehr zu sehen. Da gehöre ich dann zu „denen in den dicken Mobilen, die nie rausgehen und die immer die Rollos zu haben“. Warum fahren die überhaupt los, wird dann entrüstet gefragt. Der wahre Grund für den Frust dürfte aber sein, dass es bei diesen Leuten nichts zu sehen gibt, worüber man sich das Maul zerreißen könnte.
Der nächste Grund ist meine Abneigung gegen Gruppenaufkleber aller Art, spätestens nach der Erfahrung mit dem Wapperl des Weißwareforums.
Immer wieder melden sich Leute, die nach stundenlangen Fahrten im Stau mit hunderten anderer Camper und auf überfüllten Campingplätzen nie auch nur einen einzigen Gruppenaufkleber gesehen haben. Das klingt dann so frustriert, da kann man eigentlich nur zum sofortigen Reiseabbruch raten. Dem könnte ich ja abhelfen. Ich bin in mindestens vier Aufkleber-relevanten Gruppen, von denen ich allerdings keinen einzigen besitze. Hier muss ich mich zu meiner Schuld bekennen, will aber auch keine Besserung geloben. Jeder hat allerdings die Freiheit, selbst zu entscheiden, wie er damit umgeht, keinen Gruppenaufkleber gesehen zu haben.
Die echten Kontakte auf dem Stellplatz
Durch den Blog kommt es immer mal wieder vor, dass es klopft, jemand Wildfremdes vor der Tür steht und dann so Sachen sagt, wie:
„Hallo! Du kennst mich nicht, aber ich kenn Dich!“
Das sind dann Blogleser und diese Begegnungen waren bisher auch immer nett.
Noch mit dem Münchner Kennzeichen konnte ich nie sicher sein, nicht irgendwo auf dem Campingplatz wie folgt angesprochen zu werden:
„Da schau her, a Münchner! Jodeln‘s doch amal!“
Dieser Vorschlag wurde mir tatsächlich schon unterbreitet, das hätte ich mir so nie und nimmer ausdenken können.
Seit ich das Kennzeichen RZ für Ratzeburg, als dem Standort einer bekannten „Ruder-Akademie“ habe, wurde ich aber noch nicht zum Rudern aufgefordert. Bevor das jemand falsch versteht: Ich vermisse diese Aufforderung auch nicht.
Gruß
Henning
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Hier hat jemand den „Camping-Verzicht-Koeffizienten“ entwickelt, also in Kurzform: Wohnfläche zu Hause geteilt durch Wohnfläche im Wohnmobil. Wäre bei mir 90/14 = 6,4…
Hm, nach dem Artikel nicht so dolle:
https://camperleben.net/2017/07/ich-habe-den-beweis-dass-das-noch-camping-ist/
Ich wäre da ja so gerne selbst drauf gekommen…
Ich bin ja so froh, dass ich drauf gekommen bin ? Wobei streng genommen war es ja meine Frau, deren Gedanken ich nur weiter gesponnen habe. Danke fürs Gespräch von Camper zu Camper, Henning. Hat mich gefreut, auch wenn es nur virtuell war. Gruß, Marcel.
Respekt für deine Frau und Grüße unbekannterweise. Sowas muss ich auch immer weiterspinnen und was dann dabei rauskommt, kann man oben sehen.
Herrlich! Absolut herrlich!
Vielen Dank für diesen tollen Beitrag – ich werde beim nächsten Mal auf dem Campingplatz mal versuchen die Mover-Fernbedienung verschwinden zu lassen 😀
Ich seh schon, du hast mich verstanden.
Servus, auf Campingplätze komme ich ja weniger aber über Stellplätze laufe ich öfters. Und da habe ich mich schon gewundert weshalb jeder für sich ist, nach Möglichkeit ohne Sichtkontakt oder sie bleiben gleich in ihren Heimen.
Da werde ich als „Durchläufer“ eher angesprochen, wegen meiner Hunde, und in ein Gespräch verwickelt.
Gruß Margot
Moin Henning,
vielen Dank für diese Gedanken. Du sprichst uns aus der Seele.
Uns grüßt auf der Straße so oder so keiner und auf den Plätzen erziehen wir uns die Nachbarn in recht kurzer Zeit. Für die renitenten gilt „dann eben nicht“
Gruß & einen schönen Tag
Vasco
P.S.: Wer vorher grüßt dem ziehen wir am Ende vielleicht am Ende auch seine Weißware wieder aus dem Sand 😉
Wenn Dich einer zum rudern auffordern sollte, sag ihm einfach (und wahrheitsgemäß), Du seist der Steuermann.
Immer genug Wasser unterm Fahrgestell,
Volker 😉
Wieder köööstlich, Henning, und so wahr!
Danke für die vielen Lachtränchen. ♡
Korrekt! 😉
Wir haben uns erst über den massiven Einsatz der Rover „aufgeregt“ am Wochenende.
Früher war alleine der „Tatbestand der Berührung eines Wohnwagens beim Rangieren mit dem Zeigefinger“ ein kaltes Bier Wert war.
*zwinkermodus*
Mmh, kannst du mit RZ Kennzeichen noch alleine fahren?
Ratzeburger kommen doch immer als Achter!!??
Gibt auch Einer, aber legendär war wohl mal der Achter, stimmt.
Lieber Henning erstmal ein fröhliches Gruß aus Eckernförde. Über deinen Blog Artikel habe ich doch sehr schmunzeln müssen hast du doch meine schon oft gemachten Überlegungen in Worte gefasst. Wünsche dir einen schönen Sommer und hoffe das wir uns im Winter wieder irgendwo treffen
Moin, genau diese Art von Artikeln lieber Henning liebe ich so. Voll auf den Punkt getroffen!
Ich gebe zu, ich bin auch ein Gardinenwackler, vielleicht sollten wir Gardinenwackler demnächst einen speziellen „Gardinenwacklererkennungsgruss“ oder ein heimliches Zeichen (Gardinenstück an der Jacke) entwickeln und uns in einem speziellen Forum (nur für angemeldete und persönlich vom admin überprüfte Mitglieder) über das korrekte wackeln austauschen ;-). Gemeinsamkeiten sind doch so schön!
Vielen Dank!
Gruss Günter
Hi Günter, ich hab Deine Idee aufgegriffen und modifiziert und habe jetzt immer ein Stück Jacke an der Gardine – dann weißt Du, neben dem Sehschlitz siehst Du (k)ein neugieriges Augenpaar … 😉