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Hallo zusammen,
ich finde wirklich, dass es an der Zeit ist, das Zusammenleben der Camper, aber auch Wohn- und Reisemobilisten, genauer zu erfassen und zu bewerten. Die bisher verwendeten Kriterien sind da einfach zu ungenau.
Der Camping-Verzichts-Koeffizient
Ein lobenswerter Versuch ist der Camping-Verzicht-Koeffizient (CVK) des Blogger-Kollegen Marcel von Camperleben.net. In diesem Artikel hat er das genau erläutert: Ich habe den Beweis, dass das noch Camping ist.
Der CVK errechnet sich aus der Wohnfläche der festen Behausung zu der des Wohnmobils. In meinem Beispiel sind das 90qm zu 14qm, also 6,43. Ich übe also 6,43-fachen Verzicht. Nicht schlecht, aber sicher auch nicht sensationell. Noch zu Zeiten des seligen VW-Bus waren es 42qm zu 5qm, also 8,4, später, nach dem ersten Umzug und bis der alte Benz auf den Plan trat, waren es gar 55qm zu 5qm, also satte 11. Damit hätte ich fast alle im Sack gehabt.
Ganz Neu: Der Länge-Beliebtheits-Koeffizient
Doch dieser wunderschöne Koeffizient sei nur als Beispiel für das erwähnt, was ich hier entwickeln will: Den Länge-Beliebtheits-Koeffizienten, kurz LBK. Da hatte nämlich auf dem virtuellen Stellplatz jemand die Frage gestellt, wie es denn kommt, dass die Fahrer großer Mobile (ab 8,5m) immer so unbeliebt sind?
Eine solche Steilvorlage kann ich nicht ungenutzt vorüberziehen lassen. Die Frage, wie man denn einen objektiven Koeffizienten berechnen könnte, hatte ich in der Diskussion auch schon aufgestellt und erste Ideen entwickelt. Aber bevor es sinnvollen Input gab, hat ein besorgter Admin die ganze Diskussion geschlossen.
Sicher ist jedenfalls, dass das Verhältnis von Länge zur Beliebtheit nicht einfach linear ist. Eine Diskutantin meinte nämlich, sie hätte gar kein Wohnmobil (also Länge Null), sei aber total unbeliebt. So bedauerlich das in diesem Einzelfall auch ist, weist es doch darauf hin, dass die mathematischen Verhältnisse hier deutlich komplexer sind, anderenfalls wäre, bei einem einfachen Quotienten wie „Beliebtheit geteilt durch Länge“ ihre Beliebtheit unendlich.
Aber auch der CVK krankt an diesem Mangel. Vielleicht sollte man in beiden Fällen den Quotienten mit der Anzahl der vorhandenen Wohnmobile multiplizieren? Das würde allerdings die Besitzer mehrerer Wohnmobile unangemessen bevorzugen. Aber wer hat schon mehr als ein Wohnmobil? Mal Hand hoch!
Für die Praxis dürfte der Fall eines Wohnmobilisten ohne Wohnmobil jedoch irrelevant sein. Also müssen wir mit diesem Phänomen für beide Koeffizienten leben.
Die Ermittlung der Beliebtheit
Für die weiteren Überlegungen geht es jetzt in die Niederungen der Mathematik, ich werde mich aber auf die vier Grundrechenarten beschränken, ich hatte meistens eine Vier in Mathe.
Die Beliebtheit ist mathematisch nur schwer zu erfassen. Woran könnte man das objektiv festmachen?
Ein paar Beispiele:
- Wie oft wird man pro Monat gegrüßt? Dabei ist zu unterscheiden:
- Grüßungen auf der Straße von Wohnmobil zu Wohnmobil
- Grüßungen auf dem Stell- oder Campingplatz
- Wie oft wird man pro Monat vom Nachbarn auf Restguthaben in der Stromsäule hingewiesen?
- Wie oft rückt man pro Monat Wechselgeld für den Parkscheinautomaten, die Entsorgung oder die Stromsäule an andere Stellplatzbewohner heraus?
- Wie oft wird man pro Monat von Kuschelcampern eingekreist?
Alles schöne, objektive und vor allem zählbare Kriterien. Man kann sich jetzt Gedanken über die Gewichtung der einzelnen Punkte machen, der Einfachheit halber nehme ich für jedes Ereignis einen B-Punkt, also Beliebtheits-Punkt an. Eine wichtige Frage ist auch der Zeitraum, über den das betrachtet wird und ob für Saisoncamper nur der Gültigkeitszeitraum des Saisonkennzeichens gilt.
Der Einfachheit halber rechne ich mit meinen Werten. Ich lebe jetzt gute fünf Jahre im Mobil, das sind also rund 60 Monate. Leider habe ich über Grüß-Ereignisse nicht genau Buch geführt, einen Durchschnitt von 3,5 Grüßungen pro Monat halte ich durchaus für realistisch, vor allem weil ich auf Straßenwinker nicht achte. Eine Unterscheidung zwischen Straßen-Grüßungen (SG) und Platz-Grüßungen (PG) ist sicher bei genauer Entwicklung der Formel nötig, soll vorerst aber vernachlässigt werden. Wir halten fest: Grüßungen G = 3,5
Kommen wir zum Restguthaben, dem R-Wert. Da kann ich mich an einen Fall erinnern, im Januar 2014 auf der Insel Poel. Kann auch sein, dass ich auf die defekte Stromsäule am Freistaat in Sulzemoos ebenfalls von einem der Nachbarn hingewiesen wurde. Also zwei mehr oder weniger bestätigte Fälle in 60 Monaten. Das ist nicht sehr viel, genauer: R = 2 / 60 = 0,033
An die letzte Frage nach Wechselgeld, dem W-Wert, kann ich mich noch genau erinnern, das war in Burgweiler und ich konnte auch etwas wechseln. Das mag in der gesamten Zeit noch zwei oder drei weitere Male vorgekommen sein. Urteilen wir im Zweifel für den Delinquenten und sagen: Es war insgesamt vier Mal. Das wäre dann W = 4 / 60 = 0,067
Kuschelcamper für den K-Wert haben sich in der ganzen Zeit vielleicht zehn Mal an mich herangemacht, das wäre dann K = 10/60 = 0,167.
Meine Beliebtheit errechnet sich also aus Grüßungen (G) + Restguthaben-Hinweise (R) + Wechselgeld (W) + Kuschelcamper (K). Das macht… Trommelwirbel…
B = 3,5 + 0,033 + 0,067 + 0,167 = 3,767
Noch kann man nicht sagen, ob dieser Wert Spitze, Mittelklasse oder unter aller Kanone ist, er wurde ja gerade erst entwickelt und sollte mit entsprechender Vorsicht betrachtet werden, macht aber einen halbwegs objektiven Eindruck auf mich.
Ich habe auch bewusst keine Dinge aufgenommen, die man selbst beeinflussen könnte, also wie oft habe ich selbst gegrüßt, wie oft habe ich den Müll der Anderen aufgesammelt oder wie oft habe ich den moverlosen Wohnwagen auf die Parzelle geschoben. Hier geht es um das Bild des Campers in den Augen der Anderen, nicht um das Selbstbild.
Die Länge kommt ins Spiel
Nun haben wir einen Wert, der mit steigender Länge des Wohnmobils immer kleiner werden soll. Also müssen wir die Beliebtheit durch die Länge des Wohnmobils teilen, zumindest als erste Arbeitshypothese. Das wäre, wieder in meinem Fall, mit 7,30m Länge ein
LBK = B / L = 3,767 / 7,3 = 0,52.
Hätte ich ein 10-Meter-Dickschiff, wäre mein LBK = 3,767 / 10 = 0,38.
Mit dem seligen VW-Bus wäre es LBK = 3,767 / 4,5 = 0,84.
Könnte ich mich mit meinem Gerödel in einen Smart quetschen, läge mein LBK gar über 1,0, vom CVK gar nicht zu reden…
Grundsätzlich funktioniert der LBK. Der Fahrer eines 12-Meter-Dickschiffs muss viel öfter Wechselgeld rausrücken, muss öfter auf Restguthaben hingewiesen werden, muss mehr von Kuschelcamper eingekeilt und deutlich öfter gegrüßt werden, als der Fahrer eines Campingbusses, um auf einen vertretbaren LBK zu kommen. Das wird schwer.
Die 8,5-Meter-Grenze
Dazu kommen diese ominösen 8,50m aus der Ausgangsfrage, ich zitiere: „Wie kommt es, dass die Fahrer großer Mobile (ab 8,5m) immer so unbeliebt sind?“
Unsere Formel braucht also einen deutlichen Anstieg des LBK bei einer Länge von unter 8,50m. Das könnte man mit folgendem mathematischen Kunstgriff erreichen:
LBK = B / (L + L – 8,5)
Was bedeutet, dass der LBK bei einer Wohnmobillänge unter 4,25m negativ wäre. Allerdings ist so eine Länge auch praxisfremd und wird nur von wenigen Fahrzeugen auf dem Markt unterboten. Nochmal die auf meinem persönlichen Beliebtheitswert B von 3,767 basierenden Rechenbeispiele:
VW-Bus (4,5m Länge) = LBK = 3,767 / (4,5 +4,5 – 8,5) = 7,534 … Wow!
Alter Benz (5,6m Länge) = LBK = 3,767 / (5,6 + 5,6 – 8,5) = 1,395 … Naja
Concorde (7,3m Länge) = LBK = 3,767 / (7,3 + 7,3 – 8,5) = 0,618 … Ohje…
Dickschiff (10m Länge) = LBK = 3,767 / (10 + 10 -8,5) = 0,328 … Der Wert ist zum Glück rein fiktiv
Die Länge hat also den gebührenden Einfluss auf den Wert mit einem Bonus für alle Längen deutlich unter 8,5m. Nur sind die kurzen Mobile meistens Kastenwagen mit laut schließender Schiebetür, auch oft als Ratschbumms verunglimpft. Dieses Merkmal sollte einen Malus von 1,0 für den B-Wert bedeuten.
Der eingerechnete Malus bedeutet für den VW-Bus immer noch einen phantastischen Wert von 5,534. Der alte Benz kommt damit nur noch auf 1,025.
Die fertige Formel für den LBK in all ihrer Pracht:
SG – Gegrüßt werden auf der Straße, bedeutet nicht, wie oft man selbst gegrüßt hat
PG – Gegrüßt werden auf dem Stell- oder Campingplatz, bedeutet nicht, siehe SG
R – Hinweise auf Restguthaben vom Nachbarn, bedeutet nicht, wie oft man selbst Restguthaben gefunden hat
W – Positiv beantwortete Bitten um Wechselgeld, bedeutet nicht, wie oft man selbst nach Wechselgeld gefragt hat.
K – Kuschelcamper, die sich freiwillig in die unmittelbare Nähe stellen, bedeutet nicht, wie oft man selbst gekuschelt hat
Die für SG, PG, R, W und K ermittelten Werte sind der Durchschnitt über die Monate, die man bereits mit dem Wohnmobil unterwegs ist. Bei einem Fahrzeugwechsel wird von Neuem gezählt, weil sich ja dann auch die Länge geändert hat.
S – Bei vorhandener Schiebetür 1,0, sonst 0
L – Länge des Fahrzeugs in Metern
Zum guten Schluss das Ganze als Kurve.
Die X-Achse (waagerecht) zeigt die Fahrzeuglänge, die Y-Achse (senkrecht) zeigt den Länge-Beliebtheits-Koeffizienten LBK, basierend auf meinem B-Wert von 3,767. Man erkennt, dass der LBK für Fahrzeuglängen unter 4,25m negativ ist, aber auch, dass Fahrer eines langen Mobils einen sehr hohen Beliebtheitswert brauchen, um auf einen nennenswerten LBK zu kommen. Fast von selbst beliebt sind dagegen die Fahrer von Mobilen knapp über 4,25m
Wer bei den Werten für Grüßungen auf der Straße (SG), auf dem Platz (PG), Hinweisen auf Restguthaben (R), Hilfreich beantworteten Wechselgeldanfragen (W) und Kuschelcampern in der Nachbarschaft (K) ehrlich zu sich und anderen ist, sollte mit dieser Formel einen objektiven und vergleichbaren Länge-Beliebtheits-Koeffizienten (LBK) in zukünftige Diskussionen einbringen können. Zugegeben, meine Formel ist deutlich komplexer als jene für den Camping-Verzichts-Koeffizienten, aber es ist ja auch nicht alles so einfach zu beantworten, wie die Frage, was denn nun noch Camping ist.
Ich werde diese Arbeit fortsetzen, es wird in der Szene schmerzlich ein eindeutiger Wert dafür vermisst, was ein Dickschiff ist und was nicht.
Gruß
Henning
Eine sehr schöne Formel, allerdings würde ich die Variabel (T = Zeit im Wohnmobil in Monaten) noch einbeziehen, damit die Ausgangsvariablen SG, PG, R, W und K in ihrer Reinform eingesetzt und nicht vorberechnet werden müssen ;-).
LG
Moin Henning,
ich werde das Gefühl nicht los das du in deiner Berechnung etwas vergessen hast, vielleicht komm ich noch drauf. :-))
Was denn? Hier bitte Bescheid sagen, wenn du drauf gekommen bist.
=D)) Wie geil! Henning, Du hast zu viel Zeit! Und das ist sehr, sehr gut so!
LG
Tom