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Hallo zusammen,
geschmeidig und ereignislos ging es am Freitag um Berlin herum bis Wittstock, bekannt durch das Autobahndreieck Wittstock, an dem die A19 nach Rostock von der A24 Hamburg-Berlin abzweigt. Auch zu diesem Ort war mir schon vorher eines der braunen Schilder aufgefallen, diesmal mit dem Hinweis auf das Museum zum Dreißigjährigen Krieg, nach der Eigenwerbung wohl das einizge seiner Art in ganz Deutschland. Als Geschichtsjunkie und da man auch 400 Jahre nach dem Beginn dieses Krieges immer noch auf dessen Spuren stößt, wollte ich da natürlich rein.
Erste Nahfelderkundung
Einen Stellplatz gibt es auch, allerdings musste Kathrin Becker zuvor mir noch etwas die Gassen der Wittstocker Altstadt zeigen. Der Stellplatz…
…ist Teil eines großen Parkplatzes und hat, außer dem Wohnmobilschild, nichts weiter zu bieten, liegt aber unmittelbar an der Stadtmauer. Schon diese Stadtmauer…
…hat natürlich etwas Einzigartiges. Seit 1244 ist Wittstock von einer Mauer umgeben und diese insgesamt 2435m lange Befestigung ist die einzige Stadtmauer in Deutschland, die fast gänzlich aus klosterformatigen Backsteinen erbaut ist. So erklärt es mir jedenfalls eine der Infotafeln. Zur ersten Nahfelderkundung laufe ich einmal quer durch die Altstadt bis in den umgebenden Park, der unschwer als frühere Wälle und Gräben zu erkennen ist, also auch ein Teil der Befestigungen.
Alles prächtig und das Wetter passt auch. Jetzt hätte ich gerne einen Kaffee draußen in der Sonne, doch das ist nicht vorgesehen. Es gibt kaum Cafés, die wenigen, die ich sehe, sind geschlossen und keines hat Stühle vor die Tür gestellt. Na gut, dann eben nicht, ich habe ja auch eine Küche.
Das Museum
Am Samstag hat das Museum von 13 bis 16 Uhr geöffnet, entlang der Stadtmauer sind es vom Stellplatz vielleicht 300 bis 400 Meter. In diesem Turm der alten Bischofsburg…
…befindet sich das 1998 gegründete und seit 2015 neu gestaltete Museum. Für 4,50€ komme ich hinein, die Fotoerlaubnis kostet 2,50€.
Zunächst geht es um die Ursachen dieses großen europäischen und vor allem innerdeutschen Krieges, denn ganz überwiegend fand der Dreißigjährige Krieg auf deutschem Boden statt. Der Prager Fenstersturz war natürlich nicht mehr als der endgültige Auslöser, der ein zuvor schon gut mit gegenseitigem Hass und Ressentiments angefülltes Pulverfass zur Explosion brachte. Als Auseinandersetzung zwischen der kaiserlich-katholischen Liga und der protestantischen Union war es nur vordergründig ein Religionskrieg. Natürlich ging es auch darum, wer im Flickenteppich des „Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation“…
…und in Europa das Sagen haben sollte: Die habsburgischen Mächte Österreich und Spanien oder Frankreich, Schweden, Dänemark und die Niederlande auf der anderen Seite. Die Verhältnisse waren kompliziert genug, um Friedensbemühungen immer wieder scheitern zu lassen und so wogte der Krieg durchs Land. Ganze Landstriche wurden entvölkert, Städte mit tausenden Einwohnern beherbergten nach dem Krieg nur noch ein paar hundert Seelen in ihren Mauern. Von den 16 Millionen Einwohnern des „Heiligen Römischen Reches Deutscher Nation“ kamen 6 Millionen im Verlauf des Krieges um. Weniger durch direkte Kampfhandlungen, meistens durch Hungersnöte oder Seuchen…
…als Folge der Kampfhandlungen, der Zerstörung der Lebensgrundlagen und der Plünderungen.
Auch in Wittstock wütete 1638 die Pest. Die Stadt sah in der Zeit des Dreißigjährigen Krieges etwa so aus, wie auf diesem Diorama:
Es waren ganz überwiegend Söldnerheere, die da zum Kämpfen angeheuert wurden. Die Männer bekamen ein Handgeld, zogen zum Musterungsplatz, wurden vielleicht noch etwas ausgebildet an manchen Waffen und dann waren sie Soldaten.
Nur war die Kriegkasse oft leer…
…oder der jeweilige Kriegsherr wirtschaftete in die eigene Tasche und da blieb den Söldnern gar nichts anderes übrg, als das, was sie zum Leben brauchten aus dem Land zu holen, durch das sie zogen.
Mit den Armeen zog immer auch ein Troß…
…das waren die Familien der Söldner, Garköche, Spielleute, Marketender und jeder, der sich einen Vorteil davon versprach, ein hoffentlich siegreiches Heer zu begleiten.
Ein Söldnertagebuch und die Schweden kommen
Das Tagebuch eines solchen Söldners ist überliefert. Darin schildert er, wie er von etwa 1625 bis zum Ende des Krieges kreuz und quer durch Mitteleuropa zog. Dabei hat er zwei Mal geheiratet, denn die erste Frau verstarb und er bekam etliche Kinder, von denen auch kaum eines die Strapazen lange überlebte. Zunächst kämpfte er auf Seiten der katholischen Liga, wurde dann von den Schweden gefangen genommen und in deren Heer gepresst, aus dem er nach einer für die Schweden verlorenen Schlacht wieder zu den kaiserlichen Truppen überlaufen konnte.
Schweden unter seinem König Gustav Adolf kam 1630 über die Ostsee. Für die protestantische Union stand es nach mehreren Niederlagen schlecht zu dieser Zeit, also haben ihnen die lutherischen Schweden geholfen und sich natürlich auch Einfluß südlich der Ostsee versprochen. 1632 fiel der kaiserliche Feldherr Tilly einer Verwundung durch eine schwedische Musketenkugel zum Opfer, die er sich bei Rain am Lech zuzog. Bald darauf besetzten schwedische Truppen sogar München.
1635 jedoch wurden die Schweden bei Nördlingen schwer geschlagen und begannen, sich aus Süddeutschland zurückzuziehen. Im Frühherbst 1636 trafen sie bei Wittstock erneut auf ein kaiserliches Heer und so kam es hier zu einer Schlacht, die man im Museum mit einem großen Diorama zeigt.
Diesmal ging es gut für die Schweden aus und mittlerweile hatte sich Frankreich in den Konflikt eingemischt und so war auch für weitere 12 Jahre kein Frieden zu erwarten.
Wie schießt man mit einer Muskete?
Eine wichtige Waffe dieses Kriegs war die Luntenschloß-Muskete.
Ein Video zeigt anschaulich, wie damit geschossen wurde: Zuerst kommt etwas Pulver in den Lauf, dann die Kugel und das alles muß gut festgestopft werden mit einem Ladestock. Jetzt muss der Schütze den sicher 30kg schweren Schießprügel waagerecht halten und etwas Pulver auf die Pfanne schütten. Dabei ist es wichtig, die Lunte am Glimmen zu halten, ohne damit den am Körper mitgeführten Pulvervorrat zur Explosion zu bringen. Die Lunte hielten die Schützen meist mit den Zähnen fest. Nachdem das Pulver auf der Pfanne lag, wurde die Lunte in einen Hebel eingeklemmt, der sie bei Betätigung des Abzugs auf die Pulverpfanne drückt und damit den Schuss abfeuert. Auch geübte Schützen können so nur etwa alle 90 Sekunden einen Schuss abfeuern, vorausgesetzt sie werden im Schlachtgetümmel nicht weiter bei der umständlichen Prozedur gestört und es regnet nicht. Dann wird das Pulver nass und die Lunte geht aus, so bleiben nur noch Hellebarde oder Lanze, um sich gegenseitig ins Jenseits zu befördern.
Das war mal wieder ein interesantes Museum, am Ende wurde mir die Zeit sogar ewas knapp.
Info Museum Dreißgjähriger Krieg, Wittstock
Adresse: Amtshof 1 – 5, 16909 Wittstock
Internet: www.mdk-wittstock.de
Öffnungszeiten und Preise
Weiter Bummeln in Wittstock
Nach dem Museumsbesuch bin ich noch etwas herumgebummelt. An der Stadtmauer der alten Bischofsburg entlang…
…mit Blick auf die Stadt.
Durch ein paar Gassen…
…an der Mauer entlang…
…bis zum Marktplatz…
…mit dem 1905 im neugotischen Stil restaurierten Rathaus. Ein offenes Café gab es immer noch nicht und so hat mich der Durst vorzeitig wieder nach Hause getrieben.
Infos Stellplatz Wittstock
Adresse: Walter-Schulz-Platz, 16909 Wittstock/Dosse
GPS-Koordinaten: N53°9’46,08″ E12°29’25,44″
Kosten: Keine
V+E: Nicht vorhanden
Strom: Nicht vorhanden
Bemerkungen: Schattenlos, auf einem Großparkplatz an der Stadtmauer, Zentrum 200m entfernt.
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Gruß
Henning
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Hallo Henning, vielen Dank für Deinen Bericht. Ich habe mich seit längerer Zeit auf Deiner Seite „festgelesen“ und viele Anregungen für künftige Touren mit meinem alten T3 gewonnen. Liebe Grüße aus Dresden, Sebastian.
Danke für deinen Tipp ! Ich mag deine Beiträge sehr !! 🙂