Inhaltsverzeichnis
Hallo zusammen,
in diesem Beitrag bin ich ja im Galopp durch die letzten fünf Jahre seit der Gründung dieses Blogs gerast. Wichtigster Einschnitt in dieser Zeit war sicherlich der Umzug aus dem Steinhaus ins Wohnmobil, was letztlich einen anderen Lebensstil nach sich zieht, aber mal der Reihe nach.
Warum zieht man ins Wohnmobil?
Bei mir war der Lebensabschnitt mit einem vermeintlich sicheren, gut bezahlten Job 2011 zu Ende gegangen. Doch ich hatte keine Lust mehr, so zu arbeiten, wie es in den letzten Jahren war. Entfremdet, fremdbestimmt und ohne Spaß an der Sache. Der unbestreitbare Vorteil meines Jobs bei der Weltfirma Microsoft war zum Glück, dass ich ganz gut verdient habe und mir schon eine bezahlte Eigentumswohnung und ein Wohnmobil gehört haben.
Ich war ab 2011 in den Fängen des Jobcenters, dort wollte man zügig wieder ein bienenfleißiges Mitglied der Gesellschaft aus mir machen. Es gab Coaching und Training für alles Mögliche, aber eigentlich wollte ich das alles nicht. In dieser Zeit und in den letzten Jahren davor wäre ich auch Mitglied in einer Landkommune geworden, nur raus aus der krankmachenden Tretmühle.
Ein Weg in ein selbstbestimmtes Leben war der Schritt in die Selbständigkeit als Technischer Autor für Software-Dokumentation. In dem Moment hat mich auch das Jobcenter in Ruhe gelassen, sie waren aber so nett, einen Gründungszuschuss zu bezahlen.
Auf der Suche nach Kunden im Internet bin ich dann über Seiten wie AMUMOT oder Jonsonglobetrotter gestolpert, was auch zeigt, dass ich nicht wirklich ambitioniert nach Kunden gesucht habe. Eigentlich habe ich nach einem anderen Lebensweg gesucht und den schließlich auch auf Seiten wie diesen gefunden. Wenn diese Leute schon jahrelang im Wohnmobil leben, dann sollte das doch auch für mich möglich sein. Also habe ich mein Dasein mehr und mehr in den türkisblauen Kastenwagen verlegt, den ich da schon fast eineinhalb Jahrzehnte hatte und mit dem ich zwischen Island und der Krim schon ganz gut herumgekommen war.
Auch scheint es Leute zu geben, die tatsächlich vom Bloggen allein leben können. Das ist mir bis heute noch nicht gelungen, aber durch bezahlte Artikel hin und wieder, sowie Affiliate Links kann sich der Blog selbst tragen und ab und zu lädt er mich zum Essen ein.
Ein Leben im Wohnmobil war mir ja auch durch jahrelanges Reisen nicht wirklich fremd. Schon 1992, auf der ersten Reise mit dem VW-Bus, habe ich phantasiert, wie es wohl wäre, wenn ich nicht mehr nach Hause zurück müsste. Die einzige und entscheidende Frage war, woher soll das Geld dafür kommen? Ich hätte einiges vom Haufen nehmen können, aber es ist eine unangenehme Eigenschaft solcher Haufen, von denen man immer nur nimmt, dass sie kleiner und kleiner werden.
Nun gibt es da diese Eigentumswohnung in Unterschleißheim und damit im Münchner Speckgürtel. Ein alleinstehender Mensch wie ich braucht ein Bett, eine kleine Küche, ein kleines Bad und einen Platz zum Sitzen am Computer oder zum Essen, dazu etwas Stauraum. Alles das bietet ein Wohnmobil. Dazu noch einen großen Garten vor der Tür, in dem meistens niemand, aber auf jeden Fall nicht ich, den Rasen mäht.
Meine Wohnung bietet das natürlich auch, verteilt auf 90 Quadratmeter, die beheizt und geputzt werden müssen, allerdings ganz bewusst ohne Garten, eben wegen des Rasenmähens.
Wann genau ich den Entschluss gefasst habe, meine Wohnung zu vermieten und nicht als Rückzugsmöglichkeit zu behalten, weiß ich nicht mehr. Aber insgesamt war das nur konsequent zur Erreichung des Ziels. Geld würde dann auch ganz nebenbei hereinkommen. Und im Wohnmobil kann ich schließlich auch die Aufbautür hinter mir zu machen, um mich von der Welt zurückzuziehen. Auf manch einsamen Stellplätzen gelingt das sogar sehr viel besser, als im Haus.
Letzten Endes war es die triviale Frage „Wenn nicht jetzt, wann dann?“ die den Ausschlag gegeben hat und seit dem 24. Juni 2013 lebe ich rund ums Jahr im Wohnmobil.
Die oben erwähnte Selbständigkeit habe ich im Herbst 2013 an den Nagel gehängt ohne darin wirklich viel getan zu haben, aber ich war der Tretmühle entronnen.
Was bringt es denn?
Der Umzug von 90 Quadratmeter in 14 Quadratmeter hat in erster Linie eine Reduktion auf das Wesentliche gebracht. Die Zuladung ist auf ein paar hundert Kilo begrenzt, da kann man nicht alles mitnehmen, was zu Hause so rumsteht. Aber das ist eben der Punkt: Vieles von dem Zeug steht rum und wird nicht wirklich gebraucht, kann also eigentlich weg. Noch nach fast vier Jahren im Wohnmobil finden sich dort Sachen, die noch nie benutzt wurden, seit ich sie eingeladen habe. Die können dann ohne Schaden weg. Das fällt mir auch nicht mehr schwer. Insgesamt wird das Leben unkomplizierter bei einem auf das Wesentliche reduzierten Besitz. Dabei habe ich gar nicht den Ehrgeiz zum Hardcore-Minimalisten.
Auch der kleine Haushalt ist einfacher zu stemmen, es sind nur ein paar Quadratmeterchen zum Putzen, der Abwasch ist schnell gemacht und zum Wäschewaschen steuere ich Camping- oder Stellplätze mit Waschmaschinen an. Bei der Wäsche war die Anschaffung von 20 Paaren absolut gleicher Socken eine große Erleichterung, die sind Ruckzuck zu Paaren vereint. Aber da mussten mich erst Blogleser in den Kommentaren drauf bringen.
So ganz nebenbei geht es mir auch gesundheitlich viel besser, als noch zu den stressigen Zeiten als Angestellter. Die kleinen Wehwehchen und Zipperlein treten nur noch selten auf, selbst einen Schnupfen hatte ich in den letzten Jahren nur selten.
Warum muss auch ich noch Bloggen?
Gute Frage, dass macht ja schon fast jeder, der was mit Wohnmobilen zu tun hat. Ich muss das natürlich nicht. Es gibt insgesamt in meinem jetzigen Leben nur noch wenige Dinge, die ich tun muss. Dazu gehört Entsorgen, einmal pro Woche Einkaufen, ein paar Rechnungen bezahlen und nicht zuletzt Atmen, also die Basics. Bloggen gehört nicht dazu, aber ich habe meinen Spaß daran und oft auch die Leser am Ergebnis, wie mir die Reaktionen immer wieder zeigen.
Wenn ich unterwegs bin, passiert logischerweise immer irgendwas. Das ist oft natürlich banal und passiert tausend anderen Leuten gerade genauso. Aber jeder erlebt und verarbeitet das Geschehen anders. Schon die hier veröffentlichten Reiseberichte der Jahre 1994 bis heute sind eigentlich Blogs, nämlich meine, zunächst privaten, Reisetagebücher. Die habe ich aus Spaß an der Freude geführt und beim Nachlesen erlebe ich vieles nochmal, was da beschrieben ist. Als dann dieser Blog entstand habe ich bei manchen Berichten sehr persönliche Passagen daraus entfernt, alte Dias digitalisiert und die Berichte hier hochgeladen.
Natürlich haben mich auch andere Blogs inspiriert, vor allem der von Andre „AMUMOT“. Das sind und waren Geschichten aus dem mobilen Alltag, oft spannend, manchmal banal wie der Alltag nun mal ist, aber immer interessant und mit Humor beschrieben. Das wollte ich auch und ich denke, ich habe meinem Vorbild keine Schande gemacht.
Wie gesagt, es macht Spaß und wenn ich herumreise und nicht nur herumsitze, gibt es ja auch immer irgendetwas zu erzählen. Seien es die besuchten Orte, die Stellplätze oder manche der Leute, die mir da so über den Weg laufen.
Tanja hat sich gerade auf Crosli in ihrer ironischen Art über die Unarten der Blogger so ihre Gedanken gemacht: Crosli – Die drei geilsten Dinge, die…
Wenn es gerade nichts über Gegenden oder Stellplätze zu erzählen gibt, weil ich in einer der alten Heimaten (Lübeck oder Unterschleißheim) herumsitze, dann ist da trotzdem dieser Mitteilungsdrang, den wohl jeder Blogger in sich spürt. So kommt es dann zu Texten wie den Reinfelder Betrachtungen über das Verhalten der Wohnmobilisten auf dem virtuellen Stellplatz oder eine Abhandlung über den real existierenden Kommunismus auf dem Gebiet der Gasflaschen. Das sind so Gedanken, die müssen irgendwann einfach raus in die Welt und dafür ist ein Blog ganz toll.
Dann gibt es da noch die Motivation durch verschiedene Besucherzähler, wie jetzt aktuell Google Analytics. Natürlich gefällt es mir, wenn dort die Leserzahlen steigen. Dabei helfen tatsächlich reißerische Überschriften wie diese hier: Das Grauen kehrt zurück.
Aber das alles soll ja auch eine Art Rückschau auf fünf Jahre Leben unterwegs sein, kommen wir damit zu den High- und Lowligths der letzten fünf Jahre.
Die drei schlimmsten Momente beim Leben unterwegs
Da wäre zu allererst der Tod meiner Mutter im Oktober 2015. Wenn so ein wichtiger Mensch, wie die eigene Mutter, gehen muss, ist das immer schmerzlich. Sie fehlt mir sehr, doch es war vorhersehbar und sie hat es jetzt hinter sich. Hier geht es zum Nachruf. Als die Pastorin bei der Trauerfeier daraus zitiert hat, habe ich Rotz und Wasser geheult.
Wie leicht ein Moment der Unachtsamkeit alles verändern kann, habe ich bei meiner Messerattacke im Sommer 2016 gesehen. Das war natürlich hochgradig dämlich und ungeschickt, ist aber nun mal passiert. Zum Glück war ich in der Nähe meiner Freunde und konnte dort unterschlüpfen.
Damit verglichen banal waren die Querelen in den Kommentaren Anfang 2015. Trotzdem habe ich da schon überlegt, alles hinzuschmeißen. Doch ich habe daraus gelernt. Seit der Durchsetzung von ein paar Regeln geht es hier gesittet zu und die Trolle haben sich verkrümelt. Es ist ja auch im Grunde ganz einfach, Trolle mit technischen Maßnahmen zu bekämpfen: Man lässt ihre Kommentare nicht zu. Selbst wenn sie dann „Zensur!“ schreien, bekommt das niemand mit. Nur selbst muss man stark bleiben.
Dazu kommt, dass ich bei Facebook sehr gut beobachten kann, worauf die Leute wie reagieren. So läßt sich manches vermeiden, das nur unnötige Kommentare nach sich zieht. Vieles passiert hier auch einfach und niemand erfährt etwas davon.
Damit das Positive in Erinnerung bleibt, kommen wir nun also zu…
Den drei besten Momenten beim Leben Unterwegs
Da gibt es zum Glück mehr als nur drei, aber für diese Liste muss ich mich beschränken.
Im Oktober 2014 waren einige mobil Lebende, darunter AMUMOT und 14QM, für mehrere Tage auf einem inoffiziellen Stellplatz am Rhein. Da, wie auch bei ähnlichen Gelegenheiten letzten Winter in Portugal, habe ich die sonst auf Facebook immer wieder beschworene Gemeinschaft unter Campern tatsächlich gespürt. Es gab einen selbstverständlichen Zusammenhalt, jeder hat sich eingebracht, dennoch konnte jeder sein Ding machen. Aber diese Gemeinschaft gibt es eben nur im realen Leben, nicht auf dem virtuellen Stellplatz, doch das ist ein anderes Thema.
Weihnachten in der Sonne draußen sitzen und das auch noch auf dem Platz in der Toskana, auf dem ich zuerst über das Leben im Wohnmobil phantasiert habe. Das war ganz für mich allein das Highlight im Dezember 2015.
Bei den Übernachtungsplätzen war der inoffizielle Platz am Leuchtturm Kap San Vicente bei Sagres in Portugal schon ein Highlight. Natürlich hatte ich dort auch Glück mit dem Wetter, was bei der exponierten Lage und im Winter nicht selbstverständlich ist.
Zum Schluss kommt, was alle schon immer wissen wollten:
Ein ganz normaler Tag im „Leben Unterwegs“
Vorweg muss ich sagen, dass ich sehr entschleunigt lebe. Statt, wie als Berufstätiger, möglichst viel noch eben schnell zu erledigen, nehme ich mir Zeit. Die Grundregel lautet: Möglichst nicht mehr als eine größere Aktivität pro Tag. Das heißt an einen Tag fahren, am nächsten Tag in Ruhe die Gegend besichtigen, am dritten Tag einkaufen. Noch als Angestellter im Steinhaus waren meine Tage vollgestopft, natürlich in erster Linie mit Arbeit, dann den nötigen Verrichtungen, die ich zusammen mit allen anderen erledigen musste, die dann auch Feierabend hatten. Oft bin ich nach Hause gekommen, war fix und alle, aber hätte nichts wirklich Bedeutendes nennen können, das ich geschafft hatte, es war nur der tägliche Kleinkram. Das ist jetzt zum Glück vorbei.
Der normale Tag beginnt etwa um neun Uhr. Leute die mich in Portugal getroffen haben, werden jetzt die Stirn in Falten legen, denn da war ich selten vor elf Uhr zu bemerken. Doch da hatte ich schließlich Urlaub und habe noch etwas mehr in den Tag hineingelebt, als ich es normalerweise tue. Aber an einem Tag, an dem eine Fahrstrecke oder eine Besichtigung ansteht, versuche ich um neun Uhr aus dem Alkovenbettchen zu kommen.
Zum Frühstück gibt es etwas mehr zu essen, meist so ein Toast oder Baguette, denn das soll bis zum späten Nachmittag reichen. Nebenbei die Morgenzeitung aus dem Internet: Blog-Kommentare, E-Mails, Facebook, andere Blogs, Nachrichtenseiten.
Wenn eine Fahrstrecke ansteht und der Abwasch zu groß ist, muss der natürlich noch erledigt werden.
Wenn das dreckige Geschirr noch ins Waschbecken passt, bleibt es erstmal da und ich fahre oder laufe los. Also Aktivität bis etwa 15 Uhr, dann will ich nach einer Fahretappe gerne am Stellplatz sein oder vom Besichtigen zurück sein. Anschließend eine Kaffeepause, je nach Wetter auch draußen in der Sonne. Dabei dann Internet, die Fotos des Tages sichern und sichten, vielleicht nach der Ankunft an einem neuen Ort auch noch eine Runde zur Nahfelderkundung.
Beim oder nach dem Abendessen wird entweder der Blog-Artikel des Tages geschrieben oder ich schaue einen Film von der Festplatte, daddel am Laptop oder gucke mal wieder ins Internet, da steht nämlich ganz viel drin. Das alles zieht sich bis tief in die Nacht, was wohl auch das spätere Aufstehen erklärt. Vor zwei Uhr Nachts bin ich selten im Bett zu finden.
Gruß
Henning
Moin Henning,
Deinen Blog lese ich schon seit Ewigkeiten mit – höchste Zeit, mal „Flagge zu zeigen“!
Du schreibst mit Lebenserfahrung, verhaltenem Humor, Sorgfalt und zudem immer informativ.
Das gefällt mir sehr gut.
Uns verbinden Altersklasse und Tätigkeits-Spektrum (burn out).
Vielleicht lachen wir demnächst mal gemeinsam über „Microsaft“ und deren Auswirkungen auf die Welt.
Bis dahin: alles Gute, bleib gesund, und schneide Kabelbinder immer mit der Zange 😉
Beste Grüße
Toni
Danke für das Lob und die guten Wünsche.
Moin Henning,
Glückwunsch zu den 1000 und 1400 . Ich freue mich das wenigstens Du meine ewige Idee lebst.
Aus mehreren Gründen werde ich wohl ein Zwitter zwischen Steinhaus und Womo bleiben und in diesem
Sommer wieder ein paar Wochen in meinem Lieblingsland Norwegen verbringen.
Ich hoffe man sieht sich dieses Jahr mal bei einem Weizen oder Eis im Norden.
Viele Grüße vom großen Ententeich
Ernst