Hallo zusammen,
bis zur Burg Vogelsang ist es vom Kermeterwald nicht wirklich weit. An einem Kreisverkehr geht es rechts zur Burg und zu einem gebührenpflichtigen Parkplatz, links ist ein Wanderparkplatz und den steuere ich an. Dafür darf ich aber 1,5km bis zur Burg laufen.
Schon das Tor zeigt typische Nazi-Architektur: Gerade, wuchtig und unverputzte Grauwacke. Leider ist das Foto nichts geworden.
Aber typisch ist die frühere belgische Kaserne:
1934 wurde Burg Vogelsang als Kaderschule der NSDAP erbaut. Nach dem Krieg haben die Briten hier einen Truppenübungsplatz eingerichtet, den 1950 die Belgier übernommen haben. 2005 ist das Militär abgezogen und jetzt wird hier fleißig gebaut. Was es genau werden soll, läßt sich mit einem Wort nicht beschreiben, jedenfalls eine Mischung aus Dokumentationszentrum, Naturpark-Information und wohl auch etwas Gastronomie. Die EU mischt auch eifrig mit.
Obwohl reichlich große Freiflächen vorhanden sind, scheint ein Wohnmobilstellplatz aber nicht geplant zu sein.
UPDATE (30.4.2018): Es gibt dort jetzt einen Stellplatz: www.eifel-wohnmobilpark-vogelsang.de
An der „Burgschenke“ ist ein Aussichtspunkt. Sehr schöner Blick hier über den Rursee.
Aber die Infotafel hebt sofort den politisch korrekten Zeigefinger: Diesen Ausblick hätten die nationalsozialistischen Erbauer „inszeniert“. Ob ich ihn jetzt noch schön finden darf?
Guckt man etwas nach rechts, kommt sofort die Baustelle ins Bild, also alles wieder in Ordnung.
In diesem Gebäude fanden die Lehrgänge für NS-Parteikader statt und in diesem Wandelgang mit Aussicht…
…sollten sie sich in den Pausen ergehen und an ihrer deutschen Heimat freuen. Besonders groß durften die aber nicht sein, sonst hätten sie sich ihre arischen Schädel an den Deckenbalken gestoßen.
In Terrassen zum Rursee hin sind die „Hundertschaftshäuser“ für die Unterbringung der Parteikader gebaut.
Natürlich auch wieder mit Aussicht.
Das einzige verputzte Gebäude ist den weiblichen Angestellten vorbehalten.
Noch während des Krieges wurde es in ein Krankenhaus umgewandelt. Hierher kamen auch schwangere Frauen aus den von Bombenangriffen bedrohten Städten zur Entbindung. So entstandt das Gerücht, dies wäre eine Zuchtanstalt des SS-Vereins „Lebensborn e.V.“, welches eine Infotafel allerdings ins Reich der Fabeln verweist. Es werden aber wohl nur treue Parteigenossinnen hier ihre Kinder bekommen haben.
Wieder am Parkplatz, erledige ich den liegen gebliebenen Abwasch und laufe später über die Hochfläche…
…mit Blick auf die Burg Vogelsang…
…zum verlassenenen Dorf Wollseifen.
Wollseifen wurde in den letzte Kriegstagen durch Artilleriebeschuss schwer beschädigt, aber die Bewohner sind nach Kriegsende zurückgekehrt, mussten aber im August 1946 ihre Häuser endgültig räumen, weil die Briten hier ihren Übungsplatz einrichten wollten. Die Häuser wurden durch Übungsbeschuss weiter zerstört. Heute steht noch die Schule…
und die kleine Kirche St. Rochus.
St. Rochus ist fast leer…
…nur eine kleine Marienfigur steht in einer Nische.
Die Rohbauten wurden in den achtziger Jahren erstellt als Übungsobjekte für den Häuserkampf.
Betreten ist strengstens verboten, wegen eventueller Munitionsreste und die Eingänge werden gerade zugemauert.
Weil es schon nach achtzehn Uhr ist, bleibe ich gleich hier auf dem Wanderparkplatz.
Gruß
Henning