Trauerarbeit

Hallo zusammen,

der Verkauf des alten Benz hat mich die letzten Tage nicht ruhig schlafen lassen. Es ist zwar jetzt alles gelaufen, ich hab Geld gekriegt (viel weniger als ich wollte) und das Auto ist abgemeldet. Der Brief von der Versicherung kam gestern. Aber da war was faul. Ich kann zwar nichts beweisen und will das jetzt auch abschließen. Weg mit Schaden sozusagen. Aber vielleicht ist das als Erfahrungsbericht für den einen oder anderen ganz nützlich.

Diese Karte war’s:

Ich habe dort angerufen und der wollte gleich die Adresse wissen, er würde zwischen 13 Uhr und 13:30 kommen.

Etwa um 13 Uhr hat er nochmal angerufen, da wäre eine Polizeikontrolle gewesen, es wird etwas später, aber sie kommen auf jeden Fall. Um ca. 14 Uhr klingelte das Telefon wieder, sie wären jetzt in meiner Straße, in einem dunklen VW Touran. In dem Moment kam auch so ein Auto die Straße runtergefahren. Ich bin raus gegangen und habe denen das Auto gezeigt. Drei Personen habe ich gesehen, zwei Männer, eine Frau. Die zwei Männer mit denen ich gesprochen habe, hatten einen ausländischen Akzent und haben in einer mir unbekannten Sprache miteinander geredet. Die drei waren recht jung, alle höchstens Anfang Dreißig. Gut gekleidet und um Seriosität bemüht

Der Wortführer hat sich ans Steuer gesetzt und die Verriegelung von der Motorhaube gezogen. Während dessen habe ich dem zweiten die Einrichtung gezeigt. Dass in der Zeit die Haube auf gewesen wäre, ist mir nicht aufgefallen.

Wie die Wohneinrichtung funktioniert und wo was ist, hat die aber nicht sehr interesseiert. Wer immer von denen das WoMo kauft, muss selbst rausfinden, wie das alles funktioniert. Die haben dazu keine Fragen gestellt.

Dann wollte der Wortführer eine Probefahrt machen. Das ging einmal um den Block, nach meinem Eindruck noch immer mit entriegelter Motorhaube. Er hat ein paar Mal gefragt, ob Motor und Getriebe in Ordnung wären. Natürlich hat er gemerkt, dass sich das Getriebe hakelig schaltet, was es immer getan hat, so lange es noch kalt war. Der Flugrost auf den Bremsscheiben vom langen Stehen blieb ihm auch nicht verborgen. Meine Erklärungen dafür hat er akzeptiert. Wieder zurück, hat er das Auto mit der Schnauze zum Haus abgestellt. Die Frau hat dabei Handybilder vom Auto gemacht.

Wir haben die Haube aufgemacht, ob er dafür die Verriegelung nochmal gezogen hat, kann ich nicht sagen. Das hätte bedeutet, die Haube war zwischendurch auf und wieder zugemacht worden. Dann hat er den Ölpeilstab gezogen. Der Ölstand war knapp über Minimum. Den Kühlwasserbehälter hat er mich aufmachen lassen. Dabei habe ich gespürt, wie auf der Vorraste noch etwas Druck entwichen ist. Das Kühlwasser war oben sehr schwarz. Er hat dann ein Löwenzahnblättchen ausgerupft und reingesteckt. Das kam schwarz verölt wieder raus. Damit wir uns die verölten Finger wieder abwischen konnten, habe ich Küchenpapier aus dem Concorde geholt. An dem war er natürlich auch intersessiert. Da hab ich ihm gesagt, da müsste er noch 15 Jahre warten.

Für ihn war jetzt klar, dass das Auto einen Schaden an der Zylinderkopfdichtung hat oder sogar am Zylinderkopf. Über 2.000 würde da gar nichts gehen, er hätte ja das volle Risiko und so weiter. Ich war natürlich verunsichert, Öl hat schließlich im Kühlwasser nichts verloren. Wir haben nochmal ein Stück Küchenpapier reingesteckt, da war schön die Schichtung zu sehen: Oben schwarzes Altöl, darunter das Kühlwasser. Das muss aber schon vor der Probefahrt reingekippt worden sein. Nach der Probefahrt habe erst ich die Haube aufgemacht.

Ich habe den Typen dann gesagt, dass ich ihnen nicht traue und sie sollten jetzt verschwinden. Ich habe das Auto richtig eingeparkt, dabei kam kein Dampf hinten aus dem Auspuff. Der VW-Bus hatte mal einen kaputten Zylinderkopf. Da kam hinten eine ordentliche Dampfwolke raus. Hier gar nichts.

Die Typen sind auch nicht verschwunden. Hier hätte ich deutlicher werden müssen und den Handel abbrechen. Aber ich sah auch meine Felle davon schwimmen. Wenn da jetzt wirklich ein Motorschaden ist, dann kostet das nochmal ordentlich Geld um das zu beheben. Wer kauft mir denn ein Auto ab mit fast 300.000km, über 15 jahre alt und einem kaputten Zylinderkopf?

Meine Devise war, jetzt soviel rauszuholen, wie unter den vermeintlichen Umständen noch geht. Ich habe dann 3.500 gesagt, der Wortführer wollte 2.200 geben, er hätte ja das Risiko zu tragen und so weiter. Auf einmal war der zweite Mann wieder da und meinte was von 2.800. Bei 3.000 waren wir uns dann sozusagen „einig“, wenn ich auch ein ziemliches Bauchgrimmen hatte, dem ich im Nachhinein betrachtet, unbedingt hätte nachgeben müssen.

Ich bin mit dem Wortführer wieder ins Haus, er hat kurz seine Bargeldvorräte sehen lassen und wir haben den Vertrag aufgesetzt. 2.800 habe ich gleich bekommen, nachgezählt und jeden einzelnen Schein ins Licht gehalten und das Wasserzeichen geprüft. Wie gesagt, ich hätte den Handel abbrechen müssen. Mit Leuten, denen man nicht traut, macht man keine Geschäfte. Aber ich wollte auch das Auto vom Hof haben.

Die restlichen 200 sollte ich kriegen, wenn er das Wartungsheft gesehen hat. Das habe ich ihm gezeigt, dann gab es nochmal 100 und er würde 100 als „Provision“ behalten. Er hätte ja das Risiko und so weiter. Hier wäre meine letzte Chance zum Nein sagen gewesen und ich hätte die windige Bande rausschmeißen müssen. Aber dann sah ich mich mit einem schrottreifen Auto dastehen, das noch schlechter zu verkaufen wäre.

Also ist er dann vom Hof gefahren, wie man auf den Bildern sieht, ganz ohne Dampfwolke aus dem Auspuff.

Jedem, der sagt, ich wäre beschissen worden, kann ich nicht widersprechen.

Ähnliche Geschichten mit plötzlichem Öl im Kühlwasser habe ich hier und hier gefunden.

Ich kann es nicht beweisen, dass es so war, es wäre aber möglich, dass jemand in einem unbeobachteten Moment vor der Probefahrt Altöl da rein gekippt hat. Die Motorhaube war ja eine Weile unverriegelt und ich hatte nicht immer alle Beteiligten im Blick.

Wenn ihr also diese Karten an eurem Auto seht: Wegschmeissen oder auf den Boden fallen lassen. Vielleicht bekommen ja die eine Anzeige wegen Umweltverschmutzung, eine Handynummer steht ja immer drauf.

Mich dürft ihr bedauern oder auslachen, ich habe was gelernt. Ich könnte ja auch nicht sagen, dass ich nicht gewußt habe, worauf ich mich einlasse. Wer diese Leute anruft, begibt sich auf die dunkle Seite.

Aber es geht weiter, meine Wohnung wurde heute vom Makler vermessen und zum 1. August wollen die Mieter für mich haben. Die Maklerin spricht Bayrisch und kommt mir schon mal anständiger vor, als diese Autoaufkäufer.

Gruß
Henning