Hallo,
am Dienstag trifft sich immer der Modellbahnclub. Heute, am Faschingsdienstag, stand eine Werksbesichtigung bei der Firma Knorr-Bremse auf dem Programm. Unser Schwerpunkt lag natürlich auf Bremsen für Schienenfahrzeuge. Aber es werden dort auch Druckluftbremsen für LKW hergestellt.
Neben der Fertigung von Bremsststeuerungen haben wir den Bremsenprüfstand gesehen, auf dem Bremsscheiben zum Glühen gebracht werden und wo das Verhalten verschiedener Materialen für Bremsscheiben und Beläge bei Feuchtigkeit oder starken Temperaturschwankungen geprüft werden kann. Von diesen Tests gab es aber nur ein Video. Die finden auch unter der geschlossenen Haube des ca. 60 Tonnen schweren Bremsenprüfstandes statt. Die Prüfingenieure dort sehen das auch nur auf dem Monitor.
Selbst Hand anlegen durften wir im Prüffeld, wo die Bremsanlage eines Güterzuges mit 50 Wagen aufgebaut ist. Aber dazu sollte ich vielleicht zunächst etwas ausholen und erklären, wie im Prinzip eine Druckluftbremse bei der Eisenbahn funktioniert:
Jeder Wagen hat einen eigenen Luftbehälter. Durch den gesamten Zug geht eine Druckluftleitung, die sogenannte Hauptluftleitung, die von der Lok aus mit Druckluft gespeist wird. Die Druckluft aus dem Luftbehälter wirkt auf den Kolben des Bremszylinders und legt die Bremse an. Die Luft aus der Hauptluftleitung wirkt dagegen und löst die Bremse. Will jetzt der Lokführer bremsen, öffnet er die Hauptluftleitung und der Druck aus dem Behälter bewirkt ein Anlegen der Bremsen. Deshalb kann es auch nicht passieren, dass bei einer Zugtrennung die abgerissenen Wagen ungebremst weiter rollen. Weil dann der Gegendruck aus der Hauptluftleitung fehlt, wird die gespeicherte Luft aus dem Luftbehälter die Bremse immer anlegen. Um nach dem Bremsen wieder losfahren zu können, muss in der Hauptluftleitung zunächst ausreichend Druck aufgebaut werden, um die Bremsen zu lösen. Danach werden die Luftbehälter in den Wagen über die gleiche Leitung wieder aufgefüllt. Bis sich alle Bremsen eines 50-Wagen-Zuges wieder gelöst haben kann das durchaus ein paar Minuten dauern. Ich glaube auch LKW-Fahrer haben morgens das selbe Problem. Um losfahren zu können, müssen sie erstmal etwas Druck in den Bremsleitungen haben.
Im Prüffeld sind 50 Druckluftbehälter und 50 Bremszylinder hintereinander aufgebaut, verbunden durch eine spiralförmig verlegte Druckluftleitung. Die Leitung ist als Spirale aufgeführt, um die tatsächliche Länge des Zuges darzustellen über die sich ja die Druckunterschiede in der Leitung fortpflanzen müssen, was maximal mit Schallgeschwindigkeit geschieht. Für jeden der simulierten 50 Güterwagen gibt es eine rote bzw. grüne Leuchte, wobei rot angelegte und grün gelöste Bremsen anzeigt.
Zieht man jetzt den Bremshebel aus der Fahrstellung nach hinten, zischt und knallt es ganz ordentlich und nach einer, vielleicht zwei Sekunden zeigen alle Lampen angelegte Bremsen an. Schiebt man den Hebel nach vorn, um die Bremsen zu lösen, zischt es wieder, denn jetzt strömt ja Luft in das System. Aber es dauert rund drei Minuten bis alle Lampen wieder gelöste Bremsen anzeigen.
Zusätzlich gibt es noch ein- und mehrlösige Bremsen. Eine einlösige Bremse kann man nach dem Bremsen nur komplett lösen. Eine mehrlösige Bremse lässt sich dosieren. Logisch, dass für Straßenfahrzeuge nur mehrlösige Bremsen in Frage kommen. Bei der Eisenbahn sind mehrlösige Bremsen aber nur bis zu einer bestimmten Zuglänge möglich, sonst wäre die Reaktion der Bremse zu träge. In Ländern wie Russland oder USA, wo Güterzüge zwischen 1,5km und 4km lang sein können, verwendet man deshalb einlösige Bremsen.
Bilder durfte ich leider keine machen, hoffe aber trotzdem, euch ein paar Einblicke gegeben zu haben.
Petrus hat uns heute mit mindestens fünf Zentimetern Neuschnee erfreut. Den ganzen Tag hat es fröhlich vor sich hin geschneit.
Gruß
Henning