Hallo zusammen,
am Morgen fällt hier oben auf 600m Höhe sogar Schneeregen. Ich komme mal wieder etwas spät aus den Federn, bin aber noch vor 12 Uhr auf der Autobahn Richtung Norden. Mittagspause mache ich am Rastplatz Rodaborn. Das wäre gar nicht der Rede wert gewesen, wenn mir nicht dieses Transparent an dem alten Rasthaus aufgefallen wäre:
Rodaborn war tatsächlich die erste Autobahnraststätte in Deutschland. Gegründet 1928 als Walderholungsheim mit Ausflugsgaststätte wurde 1936 die Autobahn Berlin – München in unmittelbarer Nähe gebaut und so wurde das Lokal zu Deutschlands erstem Rasthof. Bis in die Fünfziger Jahre wurde es von einer Genossenschaft betrieben, danach von der Stadt Triptis an die HO (DDR-Handelsorganisation) verpachtet. In den Siebzigern wurde der Rasthof geschlossen, aber 1986 ausschließlich für Transitreisende von der Mitropa wieder eröffnet. Die Mitropa betrieb den Rasthof weiter bis zum sechsspurigen Ausbau der A9.
2010 wurde das Haus an ein Gastwirtsehepaar verkauft, das darin wieder eine Ausflugsgaststätte eröffnete. Allerdings waren alle Konzesionen für Rasthöfe an der A9 schon vergeben. So wurde ein Zaun gebaut, um das Lokal vom angrenzenden Parkplatz zu trennen. Trotzdem hat eine Rast in Rodaborn wohl Kultstatus. Die Wirtin reicht die von Autofahrern bestellten Waren schon mal in einem Korb über den Zaun.
Nur leider stehe ich auf der falschen Seite. Bis zum Autobahnausbau gab es hier auch eine Holzbrücke, den „Ernasteig“. Das Ersatzbauwerk aus Beton und Stahl ist anscheinend von meinem Parkplatz aus nicht zugänglich. Also bleibt eine Rast in Rodaborn auf dem Zettel für den Rückweg.
Mehr über Rodaborn:
T-Online: Kultiger Rastplatz, der keiner sein darf
OTZ: Den Kampf am Rodaborner Zaun nicht aufgegeben
Solche Geschichten liebe ich…
Rodaborn Teil 2
Aber es soll ja noch weitergehen, auf der Autobahn und der B100 zunächst bis Bitterfeld.
Früher hieß es „Und sehen wir uns nicht in dieser Welt, dann sehen wir uns in Bitterfeld„. Die Stadt galt als dreckigster Ort Europas, Chemiekombinate und die ORWO Filmfabrik haben über Jahrzehnte die Umwelt massiv verpestet.
Die Luft ist heute sauber, es stinkt nicht mehr in Bitterfeld und auch die Fische aus dem Fluss Mulde kann man wieder essen. Dennoch sieht man der Stadt ihre industrielle Vergangenheit an. Ich sehe auch ein Tor zur Altdeponie „Freiheit IV“. Hinter „Freiheit III“ verbirgt sich anscheinend der Silbersee, den ORWO mit giftigen Abfällen aus der Filmproduktion geflutet hat. Ich kann den Blick etwas schweifen lassen, denn es geht im Stop and Go in die Stadt, ein Auffahrunfall auf der Hauptstraße. Später bringt mich dann noch eine Umleitung vom rechten Weg ab und weil Friedersdorf nirgends ausgeschildert ist, muss doch die Navigateuse helfen. Sie weist mich an, zu wenden und nach ein paar Minuten bin ich in Friedersdorf. Hier sehe ich aber nur einen „Antik-Gasthof“, also noch mal ins Internet schauen. Richtig, Ortsteil Mühlbeck, gleich nebenan ist das Buchdorf. Hier stehen auch Schilder, die auf den Status des Ortes als „Erstes Deutsches Buchdorf“ hinweisen. Parkplätze gibt es nur als Parkstreifen an der Straße, aber es ist auch nicht viel los. So laufe ich erstmal etwas im Ort herum. Ich sehe die Kirche aus dem 13. Jahrhundert…
…und gehe im Buchladen in der „Alten Schule“ schon mal stöbern. Das Angebot ist überwältigend, wobei das Bild nur einen von vielen Räumen zeigt:
Leider macht dieser Laden schon um 17:30 zu, alle anderen schließen um 18 Uhr. Aber morgen ist ja auch noch ein Tag.
Der Ortsplan zeigt einen Parkplatz am Ortsrand. Der ist auch nur ein kleiner Parkstreifen, aber immerhin etwas weiter weg von den Häusern, so dass ich hier wohl ungestört übernachten kann.
Gute Nacht
Henning
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